Am siebten Tag flog ich zurück

Arnold Stadler stammt eigenen Worten zufolge aus Schwäbisch-Mesopotamien. Rhein und Donau sind 15 Kilometer von seinem Heimatdorf entfernt. Diese Provinz hat er als Welt entdeckt und davon seit seinem ersten Roman faszinierend erzählt. Auch der neue Am siebten Tag flog ich zurück Roman ist eine Geschichte, die mit einem Heimatbild beginnt. Es ist ein Ölgemälde des Kilimandscharo, das im Speisezimmer seines Elternhauses hing und eine Palme vor dem Berggipfel zeigt. Stadler hat die Bücher gelesen, die Filme gesehen, die Legenden gehört und Zeitzeugen wie Hemingways Bruder besucht, die mit dem größten Berg Afrikas zu tun haben. Dann kam der Auftrag einer Wochenzeitung, für ein Reisemagazin einen Bericht über einen Sehnsuchtsort zu schreiben. Stadler setzte sich in einen halbleeren Flieger und machte sich für sechs Tage zu Orten in Tansania auf, u.a. einem Kolonialmuseum, er übernachtete in wechselnden Lodges und landete schließlich am Fuß des Berges, der bis 1918 zu den sogenannten deutschen "Schutzgebieten" gehörte und Kaiser-Wilhelm-Spitze hieß. Den Berg bestieg er nicht, er wollte ja nur das Original sehen. Und so erzählt er die Geschichte seiner Reise als Wahrnehmungsgeschichte, als heiter-ironische Lektion vom Staunen angesichts des kaum Vergänglichen. Hinzu kommen postkolonialistische Reflexionen, Begegnungen mit Touristinnen und fabelhafte Erlebnisse. Der Smoking, den der Erzähler statt der üblichen Trecking-Ausrüstung nach Afrika mitnahm, wurde ihm von einem Affen gestohlen. Eine wunderbare, zum Lesen geradezu inständig einladende Sehnsuchtsgeschichte mit religiöser Musikalität: Am siebten Tag ruht der Erzähler nicht, sondern verlässt das Paradies.

Michael Braun

Michael Braun

rezensiert für den Borromäusverein.

Am siebten Tag flog ich zurück

Am siebten Tag flog ich zurück

Arnold Stadler
S. Fischer (2021)

239 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 604315
ISBN 978-3-10-397250-4
9783103972504
ca. 23,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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