Das Leben wartet nicht
Ninetto ist noch ein sizilianisches Grundschulkind, als sein Vater ihn dem Onkel in den Norden Italiens mitgibt. Prägend werden das ganze Leben über die Worte und Ermutigungen seines Lehrers Vincenzo bleiben. Aber weder diese noch die Liebe zu dem Mädchen Maddalena, das er heiraten und mit der er eine Familie gründen wird, schützen ihn davor, die Frustration der Arbeitssuche, die Demütigung als Fremder und schließlich die Monotonie eines Fabrikarbeiterlebens unbeschadet zu überstehen. Jahre später, nachdem er sogar im Gefängnis einsaß, veranlasst ihn eine einfühlsame Dottoressa, sein Leben zu erzählen und so einer Depression entgegenzuwirken. Dieser Rückblick gibt dem Roman seine Struktur. Die Realität ist zum Greifen nah, so authentisch erzählt der Mailänder Autor und Grundschullehrer die Lebensgeschichte Ninettos, die stellvertretend für eine ganze Generation ausgewanderter Süditaliener in den 60er Jahren des 20. Jh. steht - und damit für Biographien unzähliger Kinder und junger Erwachsener, die ihre Heimat auf der Suche nach einem besseren Leben verlassen. Still und sanft, ohne Happy End, also der Wirklichkeit ins Auge blickend, endet der Roman. Gerade deshalb sehr empfehlenswert. (Übers.: Maja Pflug)
Christine Vornehm
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Das Leben wartet nicht
Marco Balzano
Diogenes (2017)
299 S.
fest geb.