Glorias Finale

Ob sie Angst habe, fragt die Produktionsassistentin Gloria, die jüngste Finalistin der Castingshow „Eurostar“, am Abend vor dem Finale, das von rund 60 Millionen Zuschauern vor dem Bildschirm verfolgt werden wird. Aber Gloria hat keine Angst, zumindest nicht davor verlieren zu können, sondern vielmehr davor, dass ihr Plan misslingen könnte. Sie hat so hart darauf hingearbeitet, es in dieses Finale zu schaffen, hat ihren Lebenslauf neu erfunden und keine Intrigen gegen ihre Mitbewerber gescheut. In immer wieder eingefügten Rückblicken werden Szenen aus Glorias Vergangenheit geschildert, vor allem ihre tiefe Liebe zu Chantal, die ihr ältere Schwester und Herzensfreundin zugleich war. Es war Chantal, die ihr zur Seite stand, wenn der Vater wieder einmal gewalttätig wurde, Gloria, die eigentlich noch viel zu jung war, zum Club ihrer Rockerfreunde mitnahm. Auch teilte sie mit ihr ihre Träume von einem Leben als Star, weit weg von der Tristesse des schäbigen, ärmlichen „Ausländerviertels“. Doch Chantal scheiterte in eben dieser Castingshow. Nicht nur, dass sie hinter den Kulissen sexuell genötigt, sondern auch noch vor dem (Massen-) Publikum lächerlich gemacht wurde, was sie zunächst in die Sucht und dann in den Selbstmord trieb. Gloria will nichts anderes, als Chantal zu rächen. So steht sie also am Abend des Finales auf der Bühne und richtet ein medial life übertragenes Blutbad an, was an sich schon eine böse Pointe der Geschichte darstellt. - Giuseppe Gracia ist auch aus sprachlicher Sicht ein bemerkenswert präziser, eindrücklicher und bitter satirischer Roman gelungen, in dem es nicht nur um Hoffnungen, Grausam- und Eitelkeiten im Showbusiness, um Schein, Ruhm, Macht und Scheitern geht, sondern auch um eine außergewöhnlich tief empfundene, liebevolle Verbundenheit zwischen zwei jungen Frauen aus schwierigen Verhältnissen.