adibas
Im Sommer 2008 rücken russische Truppen nach Georgien ein. Schako, Zaza, Bobo oder Tina ist der Krieg egal. Nachrichten im Radio werden weggedrückt, das tieffliegende Kampfflugzeug über dem Schwimmbad lenkt lediglich kurz den Blick vom knackigen Körper einer Bikinischönheit ab. Wer nicht einberufen wird, hängt weiter mit Freunden im angesagten Restaurant ab, skypt oder vertreibt sich mit Sex die Zeit. Diese Jeunesse dorée in Tiflis trägt B&O-Kopfhörer am iPod, kauft einen Roman von Pavel Pepperstein zusammen mit der neusten Ausgabe von "Glamour", beobachtet vom Balkon aus, wie Soldaten Straßensperren errichten, die Gedanken drehen sich jedoch um den letzten Blowjob. Desinteresse oder Flucht vor der Wirklichkeit? - Der Roman besteht aus losen Episoden, überwiegend in der Ich-Form geschrieben. Erst spät merkt man, dass sich die Perspektiven überkreuzen, es sich trotz des gleichbleibenden Tons um unterschiedliche Erzähler handelt. Außerdem experimentiert der Autor mit der Erzählform, ein Kapitel ist z.B. als Horoskop verfasst. - Aufgrund der vielen vulgären Passagen, die Sex in unterschiedlichen Spielarten beschreiben, vielleicht nicht für jede KÖB geeignet, aber für mich lesenswert wegen der ungewöhnlichen Darstellung der Parallelwelten eines modernen Krieges und eines Lebensstils, der diese Wirklichkeit nicht wahrhaben will. Der ukrainische Schriftsteller Juri Andruchowytsch sieht im Vorwort Parallelen zum Krieg in der Ukraine. Für Leser/innen zeitgenössischer Literatur in größeren Beständen. (Übers.: Anastasia Kamarauli unter Mitarbeit von Tom Müller)
Barbara Sckell
rezensiert für den Borromäusverein.
adibas
Zaza Burchuladze
Blumenbar (2015)
188 S. : Ill.
fest geb.