Gesammelte Gedichte
In den 1980er Jahren eroberte Ulla Hahn mit ihren Gedichten die deutschen Feuilletons im Sturm. Die "Meisterin des Liebesgedichts" und der "Frauenleben" (Dorothea von Törne) setzte auf Leidenschaft und Gefühl, erlaubte sich auch Verse mit bitteren
Wahrheiten und vergaß bei allem Seelentrost nicht die raffinierte poetische Provokation. Der umfangreiche Band "Gesammelte Gedichte" vereint nun Ulla Hahns Lyrik aus drei Jahrzehnten, von dem Bestseller-Debüt "Herz über Kopf" (1981) - mit mehr als 60.000 verkauften Exemplaren - bis zu ihren jüngsten, wie sie sagt, 'ernsthaft spielfreudigen' Haikus. Auffällig ist, dass mit den Jahren die Bibelbezüge und der anti-idyllische Tonfall, aber auch die Bereitschaft zur Selbstkorrektur und zu "Wi(e)derworten" zunehmen. Ein Gedicht sei "wie eine Partitur", schreibt die 1946 im Sauerland geborene Autorin in ihrem erhellenden Vorwort: "Musik macht daraus erst der Musikant". Will heißen: der Leser. Denn "Lesen ist Musik spielen und hören zur selben Zeit". Ulla Hahns Gedichte sind Einladungen, unsere Augen und Ohren für die Sinne und den Sinn der Sprache zu öffnen. Ein lyrisches Füllhorn, für alle Bestände.
Michael Braun
rezensiert für den Borromäusverein.

Gesammelte Gedichte
Ulla Hahn
Dt. Verl.-Anst. (2013)
877 S.
fest geb.