Wenn die Nacht anbricht

Alabama 1931: In einer lauen Nacht sitzt die neunjährige Tess hinter dem Haus auf der Treppe und genießt die Abendstimmung, als eine Frau erscheint, wortlos ein Baby in den Brunnen ihrer Familie wirft und wieder verschwindet. Natürlich glaubt Tess zunächst keiner, aber der tote Säugling wird geborgen und das Geschehen lässt ihr keine Ruhe. Als ihre Tante Celia zu Besuch kommt, erzählt ihr Tess von ihren Träumen und auf Anraten ihrer Tante beschließt sie, herauszufinden, warum das alles geschehen musste. - Bei diesem Roman handelt es sich um ein beeindruckendes Zeitdokument, das aus den fünf Blickrichtungen der Familienmitglieder geschildert wird. Tess, neun Jahre alt und neugierig; Virgie, beinahe fünfzehn und bildschön, ist aber immer in Sorge um ihre Mutter Leta, die für ihre Familie alles gibt. Jack, der Bruder, der auf keinen Fall unter Tage arbeiten soll, der sich aber immer ausmalt, was aus ihm und der Familie wird, wenn seinem Vater Albert etwas zustößt. Albert arbeitet unter Tage und genießt daher jede freie Minute bei der Gartenarbeit in der Sonne und hat keine Probleme damit, seinen schwarzen Kollegen Jonah im Auto mitzunehmen. Es ist die Zeit der ersten Weltwirtschaftskrise - Kohleabbau, Rassismus und Hunger bestimmen den Alltag in Carbon Hill. Und während Tess und Virgie versuchen, die Frau zu finden, sind die Bewohner des Städtchens immer mehr auf gegenseitige Hilfe angewiesen, um durchs tägliche Leben zu kommen. - Die Charaktere sind sehr eindrucksvoll beschrieben und lassen die Geschichte vor dem geistigen Auge ungewöhnlich prägnant erscheinen. Man spürt die Beklemmungen des Vaters im Bergwerk, die Last der schweren Arbeit der Mutter, die trotz allem versucht, den Kindern alle Möglichkeiten zu eröffnen. Und Kinder, die viel zu früh ihre Kindheit verlieren. Ein sehr lesenswertes Buch - darum gerne für alle Bestände empfohlen. (Übers.: Mechthild Barth)