Wo auch immer ihr seid

Kieu ist dreißig Jahre alt, in Berlin aufgewachsen und von Beruf Restaurant-Kritikerin. Der Einfachheit halber nennt sie sich in der Öffentlichkeit Kim, da ihren echten Namen kaum jemand aussprechen kann. Kieu ist die Tochter vietnamesischer Einwanderer, die in den 1960er Jahren als Studenten nach Deutschland kamen und sich hier eine bürgerliche Existenz aufgebaut haben. Der andere Zweig der Familie, zu dem wenig Kontakt besteht, lebt in den USA. Als eines Tages die Nachricht eintrifft, dass Kieus Großmutter dort gestorben ist, bringt dies die Beziehungen zwischen den Familienmitgliedern durcheinander. Kieu und ihre Eltern reisen zur Testamentseröffnung und müssen sich mit Konflikten aus der Vergangenheit beschäftigen, die auch Kieus Leben in Deutschland nachhaltig beeinflussen ... Die Autorin wechselt die Erzählperspektive gekonnt zwischen Kieu, ihrem Vater und ihrem Onkel in den USA und zeichnet so ein vielschichtiges Bild von den Verhältnissen innerhalb der Familie, ihrer Vergangenheit, ihren Lebenswegen und ihren unterschiedlichen Anpassungsweisen an die westliche Gesellschaft. Während Kieu eher mit den Wertvorstellungen ihrer Eltern im Konflikt zur deutschen Mentalität zu kämpfen hat, und dabei auch nach ihrer eigenen Identität sucht, spiegelt die Beziehung zwischen Vater und Onkel eher das Erbe der vietnamesischen Geschichte, den Schatten des Krieges und ihr spannungsvolles Verhältnis zur Mutter wider. Das Buch ist eine einfühlsame Studie über Herkunft, Verantwortung und Zugehörigkeit in verschiedenen Kulturen - elegant geschrieben, nachdenklich und lehrreich.