Der Beamte sagte

Mit ihren Collagen hat Herta Müller eine hybride Form des literarischen Erzählens entdeckt. Aus Wortschnipseln, die sie aus Zeitungen ausschneidet, baut sie bunte und multitypographische Text-Bildwelten. Diese Collagen wollen eindringlich betrachtet Der Beamte sagte und langsam gelesen sein. Ihre Herkunft liegt in der Diktaturerfahrung der Autorin. Collagen sind ein Mittel, mit dem sie sich schon früh aus dem Teufelskreis von Angst und Dauermisstrauen herausgeschrieben hat. Der poetischen Wahrheit ihres Erzählens hatte die Securitate nichts entgegenzusetzen. Daran knüpft der neue Band „Der Beamte sagte“ an. Collagiert werden Szenen im Auffanglager einer deutschen Kleinstadt. Einer der Beamten in der Erzählung ist ein gewisser Herr Fröhlich von der Prüfstelle B. Dass der Flüchtling ein Staatsfeind war, bezweifelt er. Die Collagen protokollieren absurde Gespräche, bürokratische Fragebögen und das zum Himmel wachsende Heimweh der Geflohenen. Titel und Thema der Erzählung stammen aus dem Vorgängerband „Das Heimweh ist ein blauer Saal“ (2019). Dort heißt es: „DER Beamte sagte JEDER hat / den Schädel voller HEIMAT / doch DIE wohnt AM HORIZONT“. Mit spielerischem Ernst rettet Herta Müller Zeugnisse von Ohnmacht und Willkür in die künstlerische Collage. Denkwürdig und sehr lesenswert.

Michael Braun

Michael Braun

rezensiert für den Borromäusverein.

Der Beamte sagte

Der Beamte sagte

Herta Müller
Carl Hanser Verlag (2021)

160 Seiten : zahlreiche Illustrationen (farbig)
fest geb.

MedienNr.: 606551
ISBN 978-3-446-27082-4
9783446270824
ca. 24,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
Diesen Titel bei der ekz kaufen.