Im Heimweh ist ein blauer Saal

Bunt und ungewohnt sind diese Bild-Texte der Nobelpreisträgerin Herta Müller. Verwundert, auch etwas belustigt blickt man auf die weißen Karten, die mit ausgeschnittenen Wörtern beklebt sind. Die Papierstreifen mit je einem Wort stammen aus ganz Im Heimweh ist ein blauer Saal verschiedenen Quellen, sind also in Größe, Format, Schrifttype und Farbe verschieden. Oben oder unten auf der weißen Karte befindet sich ein Bild, das einen thematischen Anklang vorgibt. Überschriften oder auch Seitenzahlen fehlen in diesem schmalen Buch mit grauer Seitengrundierung. Manches klingt witzig, einiges wild kombiniert. Die Gedankenassoziationen wirken frei, sodass die Sinnfrage auch der Autorin überlassen werden kann. Diese Texte sind ein Experiment mit Sprache als greifbarem Gegenstand aus kombinierten einzelnen Wörtern auf Papier! So beschreibt Herta Müller im Vorwort ihre Entdeckung und ihre Freude am Spiel. Auf diese Weise entstehen geistreiche Bemerkungen, also Apercus, oder einfach Wörtersammlungen, die neugierig machen und Spiel bleiben. All diese Texte laden ein zu einer Entdeckungsreise ins Reich der Wörter, die als Gegenstände und Einzelwesen erfahren werden, nicht mehr bloß als schlichte Bedeutungsträger. In einigen dieser "Wörter-Karten" meint man die Atmosphäre im diktatorisch regierten Rumänien zu verspüren, wo die Autorin aufgewachsen ist, wenn z.B. die Eltern einem Polizisten antworten, sie lachten (nur) den Schnee an.

Bernhard Grabmeyer

Bernhard Grabmeyer

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Im Heimweh ist ein blauer Saal

Im Heimweh ist ein blauer Saal

Herta Müller
Hanser (2019)

o. P. : überw. Ill. (farb.)
fest geb.

MedienNr.: 922134
ISBN 978-3-446-26175-4
9783446261754
ca. 22,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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