Flusslinien
Margrit ist hundertzwei und lebt in einer Hamburger Seniorenresidenz, meist aber in ihrer Gedankenwelt. Sie sieht schlecht und hört kaum noch, am ehesten die Stimmen aus ihrer Erinnerung. Wenn sie ihr Hörgerät herausnimmt, hört sie alles, zum Beispiel
was ihre Enkelin Luzie nicht erzählt: An der Schwingung der Stimme hört sie nämlich, ob etwas verschwiegen wird. Denn Margrit war ehemals Stimmbildnerin, und so bringt sie sich mit Atemübungen durch manche Unbill ihres Lebensabends. Was Luzie verschweigt, ist der Grund, warum sie kurz vor dem Abitur die Schule verließ. Sie will jetzt erst einmal als Tattoo-Artist arbeiten, und Margrit schlägt ihr vor, bei ihr anzufangen. Dritter im Bund ist Arthur (24), der mit seiner Sonde den Elbstrand absucht und als Chauffeur Patienten zur Dialyse fährt – und Margrit regelmäßig zu den Römischen Gärten. Diese interessieren Margrit besonders, seit sie Näheres zu deren Gestaltung herausgefunden hat, nämlich dass es die Gärtnerin Else Hoffa war, eine sehr enge Vertraute ihrer Mutter Johanna. – Katharina Hagena erzählt ihren Mehrgenerationenroman humorvoll und bewegend und lässt die kleinen Geheimnisse ihrer Protagonisten nach und nach ans Licht kommen. Sehr gerne empfohlen.
Karin Blank
rezensiert für den Borromäusverein.

Flusslinien
Katharina Hagena
Kiepenheuer & Witsch (2025)
389 Seiten
fest geb.