Nur ein Teil von dir

Im Zentrum dieses mit unprätentiöser Leichtigkeit geschriebenen, aber dennoch beeindruckend komplexen Afrika-Romans der mehrfach preisgekrönten, in Nigeria geborenen Autorin (* 1964) steht die 39-jährige Deola, eine in London lebende britisch-nigerianische Wirtschaftsprüferin, die im Auftrag einer Wohltätigkeitsorganisation die Förderungswürdigkeit von zwei NGOs in Lagos/Nigeria prüfen soll. Sie vermutet in einem Falle Korruption. Pikanterweise rechnet sich ihre Familie, die sie auf ihrer Dienstreise in Lagos besucht, selbst zur Elite, und ist auf nicht ganz sauberen Wegen zu Reichtum und Einfluss gekommen. Dass sie zu ihrem eigenen und zum Kummer ihrer standesbewussten Mutter noch immer ein Singledasein führt und keine Kinder hat, passt auf konsequente Weise zu ihrer intellektuellen Widersprüchlichkeit und psychischen Instabilität. Sie sehnt sich nach einer traditionellen Beziehung und schreckt gleichzeitig davor zurück, sie leidet unter dem herablassenden, oft rassistisch getrübten Blick des Westens auf ihre Heimat und muss zugleich die Berechtigung vieler Vorbehalte anerkennen. Sie verabscheut Korruption und ist selbst Nutznießerin, sie misstraut einer sich patriarchalisch gerierenden Entwicklungshilfe und steht selbst im Dienste einer Wohltätigkeitsstiftung, sie ist eine der westlichen Aufklärung verbundene gebildete junge Frau und kann sich von altem magischen Denken nicht völlig freimachen. Und genau diese Halt- und Orientierungslosigkeit der Heldin und ihre fast verzweifelte Suche nach Lösungen nimmt den Leser für sie ein und fordert ihn zur Stellungnahme heraus. Ein spannender und faszinierend vielschichtiger Roman, der v.a. von der ungekünstelten Frische seiner Dialogszenen lebt. Nicht nur für Liebhaber afrikanischer Literatur von Interesse. (Übers.: Eva Plorin)