Hagard

Der mehrfach preisgekrönte Schweizer Autor erzählt eine Geschichte, die in ihrer kafkaesken Dunkelheit so gar nicht in unsere entmystifizierte Welt passen will. Philip, ein Grundstücksmakler, wartet mitten in der Stadt auf einen Geschäftstermin. Hagard Im Gewühl der Passanten sieht er plötzlich eine ihm unbekannte junge Frau mit "pflaumenblauen Ballerinas". Er fühlt sich von ihr auf unerklärliche Weise angezogen, obwohl er sie nur aus einiger Entfernung und von hinten sieht. Und so folgt er ihr unbedingt und kompromisslos über Tage, was für den Erzähler ebenso rätselhaft ist und bleibt wie übrigens auch für den Leser, der nun miterlebt, wie sich dieser nüchterne Geschäftsmann "innerhalb weniger Tage, um nicht zu sagen, Stunden, von einem soliden, gesicherten Dasein an den Rand der eigenen Vernichtung bringen würde" (S. 17). Alle seine Termine, alle Verpflichtungen, werden ihm zunehmend unwichtiger: Der Akku seines Handys versagt, seine Geldbörse geht verloren und sein Auto ist gestohlen, und so wird die Verbindung zu seinem Alltagsleben vollständig gekappt. Hier ereignet sich - so der Erzähler - "die Vernichtung des eigenen Willens im Schmelztiegel der Begierde" (S. 126). - Dieser kurze Roman erinnert - trotz einiger symbolträchtigen Abschweifungen - wegen dieses schicksalhaften Einbruchs des Unerklärlichen in ein geordnete, sich rational gerierend Welt, aber auch wegen des sprachlich sehr bewussten, oft pathetisch überhöhten Tons an eine klassische Novelle. Für literarisch Interessierte.

Helmer Passon

Helmer Passon

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Hagard

Hagard

Lukas Bärfuss
Wallstein (2017)

173 S.
fest geb.

MedienNr.: 818165
ISBN 978-3-8353-1840-3
9783835318403
ca. 22,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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