Du nur du immer du

Beten fällt vielen Menschen schwer, weil es ins (scheinbar) Leere geht, ins Schweigen Gottes. Um Gottes Antwort zu erahnen, ist viel Aufmerksamkeit nötig. Aufmerksamkeit, die oft von der Rast- und Ruhelosigkeit des Alltags übersteuert wird. Deshalb Du nur du immer du drängt sich mit der Zeit die Frage auf, mit wem ich da rede? Mit Gott? Oder doch nur mit meinem Über-Ich? Dann und wann fehlen auch die Worte und Überdruss am eigenen Beten macht sich breit. Huub Oosterhuis' Gebete in dieser kleinen Sammlung spiegeln diese Erfahrungen - und nehmen sie auf. - "Du schweigst so tief in allen Sprachen / dass es sich anfühlt, als ob es dich nicht gibt. / Doch beten wir / ... Wende dich hin zu uns. / Wende uns einander zu." - Andere fassen die Verzweiflung über den Zustand unserer Welt in Worte: "Bist du Gott und nicht imstande, / Mord und Totschlag zu verhindern? / Warum gibst du uns die Freiheit, / anderen Leid zu bereiten?" Und sie finden zärtliche Worte für das eigene Unvermögen, ihm einfach zu vertrauen: "Der mich umwirbt, / den ich mir ferne hielt, / so lange es ging. / Der mich nicht zerrte, / nicht drängte, nur winkte / über deine Schwelle. / Der den Schleier meiner Angst / nicht fortriss, nur anhob. / Dessen Stimme allein / mich so berührte, / dass ich nachgab. / War von Gerüchten über dich gelähmt. / Jetzt ohne Ängste, / endlich erwarte ich dich." - Oosterhuis' Gebete zeichnet aus, dass sie in einer poetischen Sprache geschrieben sind, die ohne religiöse Formeln auskommt. Eine ganze Reihe sind frei nach Psalmen formuliert, andere beziehen sich auf Texte aus dem Alten und Neuen Testament. - Ergänzt werden diese Gebete durch eine kurze Abhandlung über das Beten heute. Wie lässt sich der alles Begreifen übersteigende Gott, von dem die Bibel zugleich erzählt, dass er ein Freund des Menschen ist, wie lässt sich dieser Gott heute ansprechen? Auch dieser Text geht auf die Erfahrung ein, dass Gebete oft verhallen. Beten heißt, so zitiert Oosterhuis die niederländische Dichterin Henriette Roland Holst (1869 - 1952), "langer Tragzeiten harren". Also Geduld zu haben. - Der Niederländer Huub Oosterhuis ist in Deutschland vor allem für seine Kirchenlieder bekannt ("Wer leben will wie Gott auf dieser Erde" oder "Ich steh' vor dir mit leeren Händen, Herr"). Die Gebete, die in diesem schmalen Band gesammelt sind, treffen den Nerv der Zeit, weil sie Mut machen, mit dem "unbegreiflichen, schweigenden Gott zu leben" und ihn immer wieder anzureden (Karl Rahner). Eine Inspiration für alle, die nach einer Auffrischung für ihr persönliches Gebetsleben suchen. (Religiöses Buch des Monats April)

Christoph Holzapfel

Christoph Holzapfel

rezensiert für den Borromäusverein.

Du nur du immer du

Du nur du immer du

Huub Oosterhuis ; herausgegeben von Cornelis Kok
Patmos Verlag (2020)

93 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 600659
ISBN 978-3-8436-1203-6
9783843612036
ca. 12,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Re
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Auszeichnung: Religiöses Buch des Monats