Der Hypnotiseur

Dieser Roman beginnt mit den Gedanken und Erinnerungen der ehemaligen Dorfschullehrerin Lieselotte, die die Leser/-innen in die Welt eines Dorfes im unteren Odertal führen, das abgesehen von einer kurzen wirtschaftlichen Blüte wie vergessen an der Der Hypnotiseur Grenze zu Polen liegt und „aus dem mehr Straßen hinausführen als hinein“. Die meisten der jungen Leute ziehen zu Beginn der 1980er Jahre fort, um anderswo zu studieren und zu arbeiten. Lieselotte und die anderen Dorfbewohner nehmen deshalb mit einigem Befremden zur Kenntnis, dass ausgerechnet Michi sein Psychologie-Studium abbricht, zurückkehrt und im elterlichen Hof einzieht. Argwöhnisch beobachten sie, wie mit der Zeit immer mehr „merkwürdige“ Menschen mit Rucksäcken ins Dorf kommen, um Zeit bei ihm zu verbringen. Die eigentliche Geschichte wird nun von verschiedenen Personen weitererzählt, die mit Hilfe von Michis hypnotischer Begabung die schönsten Reisen zu ihren Traumorten erleben, was ihnen die sozialistische Realität ja verwehrte. Vor allem Anika erkennt das wirtschaftliche Potenzial und sie überredet den verträumten, antriebslosen, fast schon lebensuntüchtigen Michi, den vernachlässigten Hof auszubauen, um mehr Besucher beherbergen zu können. Wie es ihr und den anderen gelingt, das zu DDR-Zeiten eigentlich unmögliche, sogar verbotene Unternehmen zu führen, ist an raffiniertem Witz kaum zu übertreffen! - Jakob Hein ist ein wunderbar tiefgründiger, melancholischer, ausgesprochen geistreicher und sowohl zeitgeschichtlicher als auch absolut zeitgemäßer Roman gelungen, eine Hymne auf die Freiheit der Gedanken, denen niemals Grenzen gesetzt werden können. „Literarisches Couchsurfing im allerbesten Sinne“ (Stern), sehr empfehlenswert!

Barbara Nüsgen-Schäfer

Barbara Nüsgen-Schäfer

rezensiert für den Borromäusverein.

Der Hypnotiseur

Der Hypnotiseur

Jakob Hein
Galiani Berlin (2022)

206 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 608301
ISBN 978-3-86971-254-3
9783869712543
ca. 20,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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