Der gerettete Zirkus

Die Ausgangssituation des sozialkritischen, emotional bewegenden Romans mutet surrealistisch an. Denn der von ungarischen Zirkusartisten abstammende Branko Hrabal setzt sich als ein durch mehrere Messerstiche Getöteter mit seinem bisherigen Leben auseinander. Hellwach und überdeutlich erfasst er die von Armut, Alkohol und Drogen sowie von Aggression und Gewalt beherrschte Atmosphäre in dem am Stadtrand gelegenen Barackenlager. Auch er gehört zu den Gestrandeten, die durch schicksalhafte Wendungen im vorwiegend von Roma bewohnten "Camp" Obdach gefunden haben. In den wenigen Wochen bis zu seiner als Racheakt geplanten Ermordung hat der Mittdreißiger Wunder vollbracht. "Erzählst du sie uns ..., die Geschichte von deinem Zirkus?". Die sich um ihn gruppierenden Kinder lauschen gebannt seinem Bericht, in dem er ihnen u.a. das tragische Schicksal seiner im KZ umgebrachten Angehörigen nahebringt. Indem Branko die Heranwachsenden ermutigt, die von ihm geretteten Zirkusutensilien selbst zu nutzen, beflügelt er ihre Träume und stärkt ihr Selbstwertgefühl. Aus der Verbindung von anrührender Poesie und schockierendem Realismus entsteht die Faszination dieser die Zeitebenen verschränkenden, dynamisch erzählten Prosa. Subtil übersetzt, liest sich der von der italienischen Autorin Milena Magnani (Jahrgang 1964) geschriebene empfehlenswerte Roman wie eine ergreifende Ballade, die den sozial Benachteiligten Hoffnung verheißt. (Übers.: Maja Pflug)