Sonnenseiten

Als der junge Alfonso in einem Hotel an der spanischen Küste eingestellt wird, ahnt er nicht, dass seine berufliche Chance auch eine Schattenseite hat. Denn seit den 60er Jahren, als Franco den Tourismus als lukrativen Wirtschaftszweig entdeckte, ging damit eine umfassende Strukturänderung der Küstenregion einher. Kleine Fischerdörfer verschwanden zu Gunsten von Hotelkomplexen, Familien wurden enteignet und während die jüngere Generation ihr Auskommen in der Tourismusbranche fand, litten die Älteren unter der Gentrifizierung. Über einen Zeitraum von 50 Jahren verfolgt die Graphic Novel diese Entwicklung. Dabei geben die Episoden aus dem familiären Alltag Einblicke in die großen volkswirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Veränderungen. Die Buntstiftzeichnungen zeigen intime Momentaufnahmen aller Familienmitglieder, und auch die sich veränderte Landschaft, die ruinösen Dörfer und monotonen Hochhausfassaden erzählen von Umwälzungen, die tiefe Spuren hinterlassen. Das Querformat des Bandes unterstützt den Eindruck, man blättere in einem Familienalbum. In jedes Panel hat sich die Brüchigkeit des Erlebten eingeschrieben: Werbebanner, überzeichnete Fotos und Fernsehspots erzählen von Gewinnen und Verlusten, von zerbrochenen Traditionen und hoffnungsvollen Chancen. Gewidmet ist diese Arbeit allen, die "im eigenen Land zu Fremden wurden" - ein bitteres Resümee der "Sonnenseite" Spaniens, von der auch deutsche Urlauber profitieren.