Diese Fremdheit in mir

Aus einem kümmerlichen anatolischen Dorf verschlägt es Mevlut nach Istanbul, wo er Boza verkauft, ein ganz leicht alkoholisches Getränk, das im Islam toleriert wird, er schlägt sich zuweilen recht mühsam durch. Als er einmal zu einer Hochzeit Diese Fremdheit in mir wieder ins Dorf kommt, fällt ihm ein schönes junges Mädchen auf, der er jahrelang leidenschaftliche Briefe schreibt, ohne je eine Antwort zu erhalten. Also entführt er das Mädchen, wird dabei jedoch getäuscht und flieht nicht mit der angebeteten Samiha, sondern mit deren älteren Schwester Rayiha. Mevlut ist aber auch mit Rayiha einverstanden. Die beiden heiraten und bekommen zwei Kinder. Mevlut verdient mit seinem Boza immer weniger und versucht sich in diversen anderen Tätigkeiten. Aber alles geht nur kurze Zeit. Mithilfe seiner Frau schafft er es immerhin, die Töchter regelmäßig zur Schule zu schicken. Mevluts Frau stirbt vergleichsweise jung und Mevlut tut sich nach Jahren doch noch mit Samiha zusammen, die schon Witwe ist. - Der Autor verleiht hier seiner Wertschätzung für Istanbul Ausdruck. Es ist eine Geschichte dieser Großstadt mit mittlerweile 14 Mio. Einwohnern von den 60er Jahren bis 2012. Pamuks Beschreibungen der architektonischen Veränderungen in den Stadtvierteln mit den illegalen Bauten, Gecekondus genannt, schildern auch das Verschwinden der alten Strukturen und Lebensformen. Der geschichtliche Hintergrund in der Türkei (sowohl politischer als auch religiöser Art) wird thematisiert, ohne sich zu sehr in Details zu verlieren. Es ist ein einprägsamer, einfühlender, auch bewegender Roman, der mit der gebotenen Aufmerksamkeit angegangen ein Leseerlebnis sondergleichen ist. Besonders literarisch geübten, anspruchsvollen Lesern sehr zu empfehlen. (Übers.: Gerhard Meier)

Diese Fremdheit in mir

Diese Fremdheit in mir

Orhan Pamuk
Hanser (2016)

586 S.
fest geb.

MedienNr.: 815793
ISBN 978-3-446-25058-1
9783446250581
ca. 26,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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