White Bird

Grandmère Sara erzählt ihrem Enkel Julian, dem Mobber von Auggie Pullman aus Palacios Bestseller "Wunder" (BP/mp 13/418), in langen Telefongesprächen von ihrem Überleben als jüdisches Mädchen im von den Deutschen besetzten Frankreich. Sie erinnert sich an eine behütete Kindheit, erzählt aber auch von ihrem gedankenlosen Mitläufertum, als ihr an Polio erkrankter Mitschüler Julien in ihrer Klasse gnadenlos gehänselt wird. Nach der Besetzung Frankreichs zerschlägt sich schon bald die Hoffnung ihrer Eltern, dass alles doch nicht so schlimm kommen wird wie befürchtet. Als Sara gemeinsam mit allen anderen jüdischen Schülerinnen und Schülern deportiert werden soll, ist es ausgerechnet Julien, der ihr zur Flucht verhilft und sie mit Hilfe seiner Eltern auf dem Dachboden einer Scheune versteckt. Während der langen Monate kommen sich die jungen Leute näher. Die Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft wird zunichte gemacht, als ein missgünstiger Klassenkamerad hinter Juliens Geheimnis kommt und für seine Verhaftung sorgt, deren Folgen Julien nicht überlebt. Grandmère Saras aufwühlender Bericht endet mit dem Wiedersehen mit ihrem Vater, der als einziger der Familie den Holocaust überlebt hat und mit einem Neubeginn in den USA. - Dieser neueste Teil aus Palacios "Wunder"-Kosmos wurde von der Autorin Erica S. Perl auf der Grundlage der bilderstarken Graphic Novel Palacios geschrieben, die ebenfalls im Hanser-Verlag auf Deutsch erschienen ist (Besprechung in diesem Heft). Umfangreiche Anmerkungen, genaue Quellenangaben, weiterführende Literatur und ein Glossar am Ende des Buches informieren dankenswerterweise über die Besetzung Frankreichs durch die Deutschen. Wer nicht zu der visuell überzeugend umgesetzten Graphic Novel greifen möchte, kann auch in dieser Roman-Version erfahren, was Zivilcourage und Nächstenliebe gegen Hass und Unmenschlichkeit ausrichten können.