Wo war Gott, als das Universum geschaffen wurde?

"Würden Sie einen Außerirdischen taufen?", wurde Guy Consolmagno bei einer Pressekonferenz gefragt. Consolmagno und sein Co-Autor Paul Mueller sind Jesuiten, Naturwissenschaftler und Theologen, die an der vatikanischen Sternwarte forschen. Sie sehen Wo war Gott, als das Universum geschaffen wurde? sich täglich mit der Skepsis ihrer Kollegen/innen konfrontiert und dem Wissensdurst von Menschen, die versuchen, Naturwissenschaft und Religion in Einklang zu bringen. In Form eines lockeren Gesprächs an teilweise fiktiven Schauplätzen (dem Restaurant am Ende des Universums aus Douglas Adams Roman "Per Anhalter durch die Galaxis" z.B.) berichten sie von diesen Erfahrungen und erläutern ausführlich und für den interessierten Laien verständlich ihre Antworten.

Sie machen u.a. deutlich, dass Schöpfung und Urknall keine sich ausschließenden Beschreibungen von der Entstehung des Universums sind. Sie schildern, was die Astronomen über den Stern von Bethlehem wissen und machen sich im Zusammenhang damit auch Gedanken über Wunder. Im (fiktiven) Restaurant am Ende des Universums diskutieren sie über das physikalisch mögliche Ende des Universums und über die "großen Fragen" der Menschheit nach Woher und Wohin des Lebens, nach Sinn und Ziel unserer Existenz. Diese Antwort lautet jedenfalls nicht "42", wie bei Douglas Adams, der damit diese Fragen für unsinnig erklärt. Consolmagno und Mueller halten dagegen und argumentieren, dass diese Fragen von jeder Generation neu entschieden werden müssen und nicht ein für alle Mal geklärt werden können.

Dieser Überstieg von den Naturwissenschaften zur Theologie gelingt den beiden Autoren immer wieder. Auf diese Weise wird deutlich, dass es sich um Disziplinen handelt, die sich ergänzen und bereichern können, was Consolmagno und Mueller ja auch als Persönlichkeiten verkörpern. Das wird insbesondere im Kapitel zur Frage der Taufe eines Außerirdischen deutlich. Consolmagnos spontane Antwort "Nur wenn sie darum bittet", bildet den Einstieg in eine Diskussion über das Verhältnis Gottes zum Universum und zu den Lebewesen darin. Dazu gehört auch die Frage, was Wirklichkeit ist. Nur Energie und Materie, wie die naturwissenschaftlichen Materialisten behaupten, oder mehr? Und was bedeutet es, dass Gott Liebe ist? Wem gilt sie? Die Antwort der Autoren ist eindeutig: dem Universum als Ganzem und jedem einzelnen Lebewesen darin. Deshalb gilt es, den oder die Außerirdische/n so zu behandeln, "wie wir Christus behandeln würden", sagt Consolmagno und verweist auf die Werke der Barmherzigkeit, die einen "Mitbürger des Reiches Gottes" kennzeichnen. Und darüber hinaus gilt, so Consolmagno weiter, dass ein "essenzieller Teil unserer Beziehung zu Gott" darin besteht, "Gott in den anderen zu finden" - auch in Außerirdischen.

Auf herausragende Weise zeigen die beiden Jesuiten-Astronomen, dass fundierte theologische Antworten auf bahnbrechende naturwissenschaftliche Erkenntnisse für ein breites Publikum in geradezu leichtfüßiger Weise möglich sind.

Christoph Holzapfel

Christoph Holzapfel

rezensiert für den Borromäusverein.

Wo war Gott, als das Universum geschaffen wurde?

Wo war Gott, als das Universum geschaffen wurde?

Guy Consolmagno ; Paul Mueller
Herder (2016)

285 S.
fest geb.

MedienNr.: 586872
ISBN 978-3-451-34265-3
9783451342653
ca. 19,99 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Na, Re
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Auszeichnung: Religiöses Buch des Monats