Mensch Gott!

"Nur wer sich ändert, bleibt sich treu". Diese Liedzeile könnte auch als Leitmotto des ganzen Buches dienen, das Freunde des Autors vielleicht ebenso irritiert wie seine Feinde. Von beiden hatte er in seinem Leben eine ganze Menge. Biermann hat sich immer in der politischen Tradition der Französischen Revolution, von Marx, Heine, des deutschen Antifaschismus verstanden, aber den kommunistischen Machthabern in der DDR hat er nie auch nur den kleinen Finger gereicht. Nach dem Mauerfall hat er aber auch seine linken Bewunderer im Westen Deutschlands mit unerwarteten Bekenntnissen zum Beispiel zu militärischen Einsätzen in internationalen Konflikten provoziert. Wie offen oder unterschwellig religiös vieler seiner Lieder auch sind, erfährt man in diesem Buch mit dem für Biermann immer so typisch vielfältig interpretierbaren Titel "Mensch Gott!" - dem billigen Bekenntnis, ein Atheist zu sein, kann sich der immer mit seinen eigenen Meinungen und Urteilen kämpfende Autor nicht anschließen. Da ist der Mensch in allen seinen Widersprüchen, seinen Verzweiflungen, seinen Sünden, und da ist Gott, dem die Menschen vertrauen, oft in großer Not oder auch in jauchzender Freude. "krieg raus, wer du bist! und / schnüffel nicht Gott hinterher!/ denn das, was die Menschheit ist/ begreifst du am besten an dir". Biermann macht es seinen christlichen Lesern manchmal nicht leicht mit seinem Spott gegen ‚die Pfaffen', doch wird dann schon im nächsten Vers ein Loblied auf die Bibel und mutige Christenmenschen angestimmt. Und als Basso Continuo vernimmt man im ganzen Buch den immer nagenden Selbstzweifel es Autors. "Mag sein, daß ich irre". Immer noch kann der alte Biermann provozieren und immer noch bewundert man seine oft so barocke Sprachgewalt. Biermann ist sich immer treu geblieben, auch wenn er sich so oft verändert hat.