Zusammenkunft
Eine namenlose schwarze Ich-Erzählerin mit jamaikanischen Wurzeln arbeitet bei einer Londoner Bank. Sie hat dort Karriere gemacht und sich gerade eine Eigentumswohnung gekauft. Am Wochenende soll sie ihren Freund zum 40. Hochzeitstag seiner Eltern
begleiten. Die Familie gehört zur britischen Oberschicht und verfügt über einen großen Landsitz. Die junge Frau hat erreicht, was sie sich gewünscht hat, und doch ist sie nicht glücklich. Sie ist es leid, Angst zu haben, immer auf der Hut zu sein, zu fürchten, nicht zu genügen. In der Firma betrachten die männlichen Mitarbeiter ihre Karriere skeptisch, sie sei doch nur befördert worden, da die Bank gerne „divers“ sein wolle. Wenn sie in Schulen auftritt, erzählt sie den Schüler/-innen, dass jede/r in dieser Welt alles erreichen kann. Doch immer häufiger sträubt sie sich gegen diese Lüge. Von Kindheit an hat sie alltäglichen Rassismus erlebt, auch die Eltern ihres Freundes begegnen ihr mit Skepsis. Als ihre Gynäkologin ihr die Diagnose Brustkrebs mitteilt und zu einer schnellen Entscheidung drängt, entscheidet sie sich gegen eine Behandlung. - Die Mathematikerin Natasha Brown hat mit ihrem verstörenden Debüt 2021 einen literarischen Paukenschlag gelandet. Sie beschreibt die erschreckenden Erfahrungen, denen People of Color fortwährend ausgesetzt sind. Die beißende Kritik des Romans sieht die Wurzeln der gesellschaftlichen Probleme Großbritanniens im Kolonialismus und im Klassensystem.
Susanne Emschermann
rezensiert für den Borromäusverein.

Zusammenkunft
Natasha Brown ; aus dem Englischen von Jackie Thomae
Suhrkamp Verlag (2022)
113 Seiten
fest geb.