Salonfähig

Der dritte Generalsekretär des Bezirks Ottakring - genannt Trizegeneralsekretär - der Partei "Österreichs Mitte" strebt in seinem ganzen Lebensstil Julius Varga, dem jugendlichen Kandidaten seiner Partei um das Amt des Bundeskanzlers, nach. Der Roman schildert die Erlebnisse des Endzwanzigers gerade in der heißen Phase des Wahlkampfs. Wie er sich auf dem gesellschaftlichen Parkett bewegt, wie aufwendig er sich bemüht, seinem Idol in Kleidungsstil und Haartracht zu gleichen; welche Ansprüche er an sich selbst und vor allem seine Umgebung stellt, von bevorzugter Kaffeemarke bis zum Stock, den er angeblich wegen einer Verletzung am Bein braucht, wie sein großes Vorbild. Der namenlose Ich-Erzähler bedient sich einer Psychologin sowie einer Rhetoriktrainerin, um seinem Ziel, "authentisch zu wirken", immer näherzukommen. Dennoch ist sein Bemühen vergeblich; Varga lässt ihn links liegen. Um durchzuhalten, greift er immer mehr zu Alkohol und Drogen. So endet der Roman denn auch in einem Drogenexzess, in dem Realität und Wahn durcheinanderfließen. - Authentisch zu sein, ist für viele Menschen ein Ziel bei ihren Auftritten und wird von Personen des öffentlichen Lebens durchaus trainiert. Der junge Autor zeigt in diesem Buch mit satirischer Überzeichnung eine nicht unwahrscheinliche Form der Übersteigerung, weil sein Protagonist eben nicht er selbst, sondern ein Abbild eines anderen sein will. Bescheidene Bedeutungslosigkeit wäre für ihn das Schlimmste. Gleichzeitig übt Hirschl, der selbst die 30 noch nicht überschritten hat, Kritik an populistischer Politik, in der das Image, die den Handelnden unterstellten Eigenschaften eine größere Rolle spielen als politische Vorhaben. Wie der junge Kanzler nirgendwo anecken und dadurch möglichst viele Wähler auf seine Seite ziehen will, ist eine Tendenz nicht nur in Österreich.