Augentäuschung
Schon das Coverbild macht Lust auf mehr. Es zeigt das berühmte Bild "Flucht vor der Kritik" von Pere Borrell del Caso, in dem ein lebensecht wirkender Junge aus dem Rahmen zu springen scheint. In 13 Kapiteln werden gemalte Gegenstände (René Magrittes berühmte Pfeife), Phänomene (der Heilige Geist im Genter Altar), optische Perspektiven (Samuel von Hoogstratens Perspektivkasten), Graffitibilder (Banksy und das Zimmermädchen), geheime Botschaften in Bildern (Hans Holbein d.J.) und Menschen (Salvador Dalí, Das Verschwinden der Büste Voltaires) so gezeigt, dass man ihren optischen Täuschungen auf die Spur kommen kann. Dabei fehlt es natürlich nicht an verständlichen Erklärungen, anschaulichen Skizzen und farblich abgehobenen Fragen. Letztere laden zum aktiven Mitmachen statt zum bloßen Konsumieren ein, schärfen die visuelle Aufmerksamkeit und vervielfachen den Spaß an dem einzigartigen Sachbilderbuch. An seinem Schluss finden sich Impulse, etwa ein Riefelbild oder ein Daumenkino selbst herzustellen. Auch die Aufforderung, die Bastelvorlagen nicht herauszuschneiden, sondern zu kopieren, fehlt nicht. Die Wirkung der Darstellungen auf die Betrachter jedenfalls wird großartig sein und ihnen eine neue inspirative Betrachtungsweise aufzeigen. Jede Abbildung verlockt zum intensiven Hinschauen und belohnt immer wieder mit überraschenden Details. Wirklich ein tolles Buch, und jede Bücherei, in der die Erstausgabe (BP/mp 10/421) nicht (mehr) vorhanden oder abgenutzt ist, sollte zugreifen.
Martina Mattes
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Augentäuschung
Silke Vry
Prestel (2022)
92 Seiten : zahlreiche Illustrationen (überwiegend farbig)
fest geb.
Borromäus-Altersempfehlung: ab 9