Raum
Erst allmählich kommt der Hörer hinter das dunkle Geheimnis des fünfjährigen Jack und seiner Mutter. Deren ganzes Leben spielt sich in einem eigenen kleinen Mikrokosmos ab - dem "Raum". Es gibt keine Anbindung an die Außenwelt, der Junge wirkt
verhaltensauffällig, seine Sprache gewöhnungsbedürftig. Nur die Besuche von "Old Nick" durchbrechen diese Isolation. Old Nick hat Jacks Mutter vor Jahren entführt und hält sie seitdem in einem schalldichten Gartenhaus gefangen. Regelmäßig missbraucht er die junge Frau, die dann, vollkommen auf sich gestellt, den kleinen Jack zur Welt bringt. Eines Tages kann Jack entkommen und Old Nick wird verhaftet, das Versteck entdeckt und auch Jacks Mutter befreit. Fortan leben sie zwar in Freiheit, wissen aber kaum damit umzugehen - haben sie doch jahrelang bzw. lebenslang im "Raum" gelebt. Die Öffentlichkeit ist begierig darauf alles ganz genau zu erfahren, für die Presse ist der Fall ein gefundenes Fressen. Die beiden Befreiten drohen gleichzeitig an ihrem neuen Leben zu scheitern. Dargestellt wird vor allem das innige Mutter-Sohn-Verhältnis, weniger eine Thriller-Handlung. Dadurch, dass zunächst vieles vage oder ungesagt bleibt, ist man als Hörer gleichermaßen gefesselt wie "verwirrt". Die Hörbuchfassung mit Matthias Brandt ist sehr gelungen, er fängt die verschiedenen Stimmungen ein und gibt Jacks eigener Grammatik Raum und Stimme. Ein verstörender Stoff, der aber sicher auch schon Jugendliche in den Bann zieht. Ab mittleren Beständen zu empfehlen.
Felix Stenert
rezensiert für den Borromäusverein.

Raum
Emma Donoghue. Gelesen von Matthias Brandt
Osterwold Audio (2011)
5 CDs
CD