Gerade Büchereien mit jungen Familien oder regelmäßiger Zusammenarbeit mit Krippe und Kita vor Ort profitieren von einer umfangreichen Auswahl an aktuellen Pappbilderbüchern. Zum Glück hat sich da in den letzten zehn Jahren etliches getan und so renommierte Illustratorinnen wie Kathrin Schärer, Susanne Straßer oder Jutta Bauer haben auch die ganz jungen Leserinnen im Blick.
Antje Ehmann hat acht Titel ausgewählt und die Illustratorinnen gefragt, was für sie eigentlich das Besondere am Pappbilderbuch ist.
Auch Philip Waechter nimmt sich nun dieser Zielgruppe an und berührt mit seinen Illustrationen in hellblau, weiß und Grautönen zu Die drei Spatzen von Christian Morgenstern. „Das Gedicht erzeugt eine Stimmung und Wärme, die auch schon von ganz kleinen Kindern nachempfunden und verstanden werden kann. Auch wenn meine Spatzen ziemlich niedlich aussehen, wollte ich der oft sehr lieblichen Darstellungsform der meisten Pappen stilistisch etwas entgegenstellen“, so der versierte Frankfurter Illustrator. Das gelingt ihm bravourös mit den Blicken, die alle drei sich gegenseitig zuwerfen, dem frechen Hans, der kurzerhand kopfüber hängt und der umwerfenden Bildidee, dass sich Vögel auch mit ihren Flügeln und dem Gefieder umarmen können.
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Und eine Umarmung hilft oft schon, wenn ein Kind krank ist. Vorlesen ist manchmal auch eine gute Idee, vor allem, wenn es so humorvoll zugeht wie in Tierisch krank von Kathrin Lena Oreo, Jens Ohrenblicker und Sonja Bougaeva. Links die flott gereimten Vierzeiler zu je einem Tier und seiner Krankheit. Rechts dann die Besserung und ein anderes Tier, das jeweils einfallsreich hilft. „Hier bin ich von einem Manuskript, das der Verlag mitgegeben hat, ausgegangen. Es geht um lustige Situationen, witzige Charaktere und das Pappbilderbuch sollte gute Laune machen, auch wenn das Thema auf den ersten Blick ja nicht sehr heiter ist“, so die Illustratorin. Ihre Art, Figuren zu zeichnen, macht jedenfalls immer gute Laune! Der verzweifelte Blick des Wales mit Loch im Zahn oder der knuffige Bär, dem eine Wärmflasche Linderung verschafft, – lauter Szenen, die man sich immer wieder anschauen mag.
Immer wieder verstecken, das wollen in Andrea Peters Pappe Unter Decken verstecken alle Tiere. Aber hier ist der Illustrationsstil ganz anders. Nach Guck mal, was ich kann! liegt hier die zweite, sehr stabile Pappe vor. Die Schweizer Illustratorin zu ihrer Arbeit: „Pappbilderbücher sind natürlich vom Handling her super für kleinere Kinder. Sie halten deutlich mehr aus und ihre Seiten sind fast unzerstörbar. Wichtig war mir, dass die Kinder mitraten können. Bei mehrmaligem Anschauen werden sie zu regelrechten Profis, um wen es sich jetzt unter der Decke handelt.“ Die am Computer colorierten Bleistiftzeichnungen haben etwas Filigranes an sich, und auch die verschiedenen Geräusche und Lautmalereien laden zum Nachmachen ein.
Schön zum Mitraten geeignet ist die Pappe von Daniel Fehr und Claudia Weikert Rate mal, wer ist denn da? - eine originelle Gute-Nacht-Geschichte. Es gilt herauszufinden, wessen Schatten jeweils auf der rechten Seite sein könnte. Umblättern bringt im Spot der Taschenlampe dann die Lösung! „Bei der Arbeit an einer Pappe befindet man sich nach Aufschlagen direkt in der Geschichte. Kein Vorsatz, kein Innentitel und Impressum, über die man sich gestalterisch erstmal langsam bis zur ersten Doppelseite hangelt“, so die Wiesbadener Illustratorin. „Außerdem musste ich bei der Konzeption darauf achten, dass Licht an / Licht aus mit dem Umblättern funktioniert“, so Weikert noch. Ihr Illustrationsstil hat so viel Charme, Farbgefühl und Leichtigkeit, dass man sich auf jedes neue Werk von ihr freut, egal für welches Alter!
Ähnlich verhält es sich bei der Kanadierin Marianne Dubuc. Seit Meine große kleine Welt sind bereits über zehn Jahre vergangen, und seitdem sind glücklicherweise etliche ihrer Bilderbücher ins Deutsche übersetzt worden. Nun liegt mit Im Baum ist was los ein reizendes Pappbilderbuch zum Thema Natur vor mit Klappen, hinter der kleine Szenen unter der Erde, im Baumstamm oder der Krone zu entdecken sind. „Ich stelle mich dabei auf die ganz kleinen Kinder ein, versuche, die Eltern mitzubedenken und dabei die Freundlichkeit und Süße, die in all meinen Bilderbüchern steckt, zu übertragen. Außerdem gehe ich darauf ein, dass ganz kleine Kinder eine andere Auffassung von Zeit haben und schon ganz einfache Dinge unglaublich faszinierend für sie sind“, so Dubuc. Und tatsächlich kann man in die warmherzigen Buntstiftzeichnungen eintauchen und gemeinsam die fließenden Übergänge von Fantasie und Realität genießen.
Weniger zauberhaft, als vielmehr ziemlich rasant braust das Motorboot auf dem Cover von Was fährt da übers Meer? Schaumkronen sind zu sehen und man meint fast, den Fahrtwind zu spüren. Über zwanzig Boote, Schiffe und sogar die Arche Noah präsentiert Thomas Müller hier in seinem unverkennbaren Illustrationsstil. „Ein Pappbilderbuch ist ein schöner Gegenstand für ein sehr junges Publikum. Es ist Buch und manchmal auch Spielgefährte. Es eignet sich auch zum Bauen und kommt in Spielkisten zusammen mit anderen Gegenständen vor. Drei der Bücher, die ich für den Moritz Verlag gezeichnet habe, sind eine Sammlung. Sowas hat mir als Kind auch immer gut gefallen. Mir gefällt auch das Querformat, das aufgeklappt einen sehr breiten Horizont ergibt“, so Müller. Es ist ein Buch für kleine Wasserratten und begeisterte Geschichtenentdecker, denn da stecken jede Menge drin, die nur darauf warten, in eigene Worte gefasst zu werden.
Auch bei Anna Süßbauer und ihrer dritten Pappe Wie geht es Dir? Komm zeig es mir! sind die Worte von Lena Walde einzelne Stichwortgeber und motivieren zum Singen, Klatschen und über Gefühle sprechen. „Ich arbeite komplett digital und für die Texturen verwende ich eine wilde Mischung aus verschiedenen Öl- und Wasserfarbpinseln“, so die Kölner Künstlerin Süßbauer. Mit ihren Pappen Mein erstes Bildwörterbuch ist sie bereits positiv aufgefallen und sagt dazu: „In Meine ersten Tiere konnte ich meine Vorliebe für ungewöhnlich aussehende Tiere in knalligen Farben und mit überraschenden Details ausleben.“ Damit punktet sie hier nun wieder im Themenbereich Gefühle, einem wichtigen Feld für Kinder, in dem auch die Literatur seinen Platz hat und zum Dialog anregen kann.
Zum Abschluss noch mal eine gute Portion Humor und Leichtigkeit. Die bringt Barbara Scholz schon lange in so viele Kinderbücher. Hier ist bereits das Cover komisch: ein Igel mit Lockenwicklern und der Löwe auf dem Frisörstuhl. Um seine Vorher-Nachher Veränderung zu sehen, muss man die zweite Aufklappseite komplett nach rechts öffnen. „Da die visuellen Fähigkeiten bei kleinen Kindern noch nicht so geübt und geschult sind, muss der Bildaufbau einfacher gestaltet sein. Zudem gilt es, die wesentlichen Merkmale der Tiere herauszuarbeiten. Das hat mir bei Mähne schneiden? Bitte sehr! Komm zu Kalle Tierfrisör viel Spaß gemacht“, erläutert Barbara Scholz. Katja Frixe hat hier flott gereimt und Scholz ihr Pappbilderbuchdebüt mit Bravour gemeistert. „Wenn mir mal nichts mehr einfällt, lasse ich mich gern beim Durchblättern von Bilderbüchern inspirieren“, ergänzt sie noch.
Das kann man auch getrost mit allen Kindern ab zwei Jahren und den hier vorgestellten Titeln tun. Inspiration garantiert!