Der letzte Papierkranich

Mizuki ist bedrückt. Seit dem Tod der Großmutter Mejumi hat sich der Großvater Ichiro verändert. Aus dem fröhlichen Menschen ist ein niedergeschlagener Mann geworden, der sich mit Selbstvorwürfen quält. Eines Tages drängt es Ichiro, seiner Der letzte Papierkranich Enkelin zu erzählen, was ihn bedrückt: Er war fast achtzehn Jahre alt und bei seinem Freund Hiro zu Besuch, als die Atombombe über Hiroshima detonierte. Detailliert beschreibt Ichiro, wie es ihm am eigenen Leib erging und wie er in den ersten Momenten die Umwelt wahrnahm, ohne Licht, ohne Sonne, ohne Geräusche. Mit Hiro, der am ganzen Körper verbrannt war, machte er sich auf die Suche nach Hiros kleiner Schwester. Gemeinsam versuchen sie, ein Krankenhaus zu erreichen. Doch dann verliert Ichiro das Bewusstsein. In Tokio wachte er in einem Krankenhaus auf, in dem ihn Mejumi pflegte, eine Amerikanerin mit japanischen Wurzeln. Seit sie die Geschichte gehört hat, sieht Mizuki den Großvater mit anderen Augen und sucht neue Möglichkeiten, ihm zu helfen. Dieser Roman macht auf berührende Weise aus dem geschichtlichen Ereignis durch das Miterleben eines Einzelschicksals ein eindringliches, dramatisches Geschehen. Das Kriegsgeschehen bleibt außen vor. Es wird deutlich, dass Bürger der USA genauso wie Japaner entsetzt sind über die Auswirkungen der Atombombe und den Auswirkungen und Folgen für Mensch und Natur unwissend gegenüberstehen. Ein feinsinniger Roman wider das Vergessen, der in seiner Form außergewöhnlich ist. Einführung und Schluss erzählt die Enkelin poetisch in Versform, unterbrochen von aussagekräftigen Haikus, die von Natsko Seki durch schwungvoll gemalte rote Kreise in Szene gesetzt werden. Im Prosatext mit der Erzählung des Großvaters sind mehrere eindrückliche Illustrationen zu finden. Besondere Empfehlung für Erwachsene und ältere Jugendliche.

Gabriele Berberich

Gabriele Berberich

rezensiert für den Borromäusverein.

Der letzte Papierkranich

Der letzte Papierkranich

Kerry Drewery ; aus dem Englischen von Meritxell Janina Piel
Arctis (2020)

272 Seiten : Illustrationen (teilweise farbig)
fest geb.

MedienNr.: 601556
ISBN 978-3-03-880043-9
9783038800439
ca. 19,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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