Nachtleuchten
Für ihren vor Sprachlust sprudelnden Roman begibt sich die auf Deutsch schreibende Autorin an den Ort ihrer Kindheit: in den Norden von Buenos Aires, nach Ballester in den 1970er Jahren. Dort bringt Teresa Gianelli, Schülerin am katholischen Instituto
Santa Ana und inspiriert vom Zweiten Vatikanischen Konzil, die Kirche zu den Menschen - in Form einer fluoreszierenden Plastikmadonna. Derweil diskutieren die Mechaniker in der Werkstatt AUTOPIA, die Teresas Großvater Julio El Haddad gehört, zwischen den Reparaturen über Politik, träumen vom Losglück oder wagen wie Saturnino Saberio, der nicht durch Zufall die gleiche betörende Stimme hat wie der gefeierte Bolerosänger Tony Tormenta, eine Romanze. Viele Figuren mehr wären zu erwähnen, so der Friseur Celio Rachello, der sich nach dem Tod seiner seit Jahren stumm im Salon "Ewige Schönheit" sitzenden Mutter den Spiritisten verschreibt oder die beflissenen Polizisten Carrizo und Aguirre. - Barbetta schöpft für ihren in jeglicher Hinsicht elaborierten Roman aus der Fülle der deutschen Sprache (der Preis sind gelegentliche Stilbrüche) und bedient sich der Typografie als zusätzlichem Erzählmittel. Dieses Kaleidoskop verlangt der Leserin einiges an Konzentration ab. Kenntnisse der argentinischen Geschichte sind von Vorteil, um das Verständnis und Lesevergnügen zu maximieren. (Shortlist Deutscher Buchpreis 2018)
Barbara Sckell
rezensiert für den Borromäusverein.

Nachtleuchten
Maria Cecilia Barbetta
Fischer (2018)
528 S.
fest geb.