Toronto

Es geht in den vier Erzählungen um das Leben in Toronto, um die „wichtigste Frage in Toronto - nicht: Woher kommen Sie? ... Sondern: Was machen Sie beruflich?“ Und um Beziehungen zwischen „waschechten Kanadiern“ und Migranten, in denen die Protagonisten lernen, sich selbst zu erkennen. In allen Erzählungen tauchen Migranten auf: Es gibt eine hochqualifizierte Ärztin aus Belarus, die sich mit einem Massagesalon das Leben verdient und einen „vernünftigen glücklich verheirateten Mann“ nach ihren Berührungen süchtig macht; ein Asiate, für den Kanada das Paradies ist, in dem alle „von woanders her kommen, ... aber trotzdem gehen sie anständig miteinander um“ - der aber erkennen muss, dass man ihn als Fremden nicht im gleichen Wohnviertel haben will. Die letzte Geschichte soll wohl den Höhepunkt spiegeln, denn sie ist untergliedert in verschiedene Jahreszeiten und nennt sich "Willkommen im Eishotel" - eine befremdliche Episode eines unsympathischen jungen Mannes und seiner oberflächlichen Liaison mit einer Internetbekanntschaft, die den Leser aber tief in die menschlichen Sehnsüchte führt, und die aus dem selbstsüchtigen, hedonistischen Taugenichts, sobald er von der Krankheit seiner Mutter erfährt, unter großen Qualen einen erwachsenen Mann werden lässt. - Geschichten über ein als tolerant gelobtes Kanada, in dem überall Vorurteile auftauchen. Die Geschichten zeichnet ein sehr nüchterner und klarer Blick auf Zwischenmenschliches aus. Ein Autor aus dem Gastland der diesjährigen Frankfurter Buchmesse, den es zu entdecken gilt. Dieses Buch wird wohl nicht die breite Leserschaft begeistern, aber es ist vielleicht zu einem wunderbaren Nischendasein bestimmt und wird auch so die richtigen Leser finden.