Sekunden der Gnade

Als die Stadtverwaltung von Boston 1974 beschließt, die Rassentrennung an den städtischen Schulen aufzuheben, formiert sich Widerstand. Mit dabei auch Mary Pat Fennessy, die mit ihrer minderjährigen Tochter Jule im Stadtteil Commonwealth lebt. Mary Pat ist ein selbstverständlicher Teil der überschaubaren Gemeinschaft, die aus meist armen irisch-stämmigen Einwohnern besteht, auch wenn ihr der alltägliche Rassismus zuwider ist. Als ihre Tochter verschwindet und sich herausstellt, dass Marty Butler und seine Gang Jule ermordet haben, weil sie von einem Gangmitglied schwanger war, beginnt Mary Pat einen Rachefeldzug gegen den im Commonwealth beliebten Marty und liefert die Verantwortlichen im wahrsten Sinne des Wortes ans Messer. Lehane nutzt die historischen Ereignisse, um auf aktuelle gesellschaftliche Probleme der USA hinzuweisen. In der Sprache mancher Charaktere offenbart sich plumper Rassismus und unverhohlene Gewaltbereitschaft. Lehanes Blick geht jedoch tiefer. Er zeigt die Hoffnungslosigkeit auf, die sich in den Lebensgeschichten der Figuren spiegeln. Zwar wird Mary Pats Selbstjustiz hinterfragt, unter dem Strich aber bleibt sie eine der Identifikationsfiguren des Romans.