Sobald wir angekommen sind
Einen erfolgreichen Roman hat Ben geschrieben: Karies. Doch das ist Jahre her. Er ist in Vergessenheit geraten. Sein neuestes Projekt, ein Drehbuch über Stefan Zweig, wird als nicht zeitgemäß abgelehnt. Zu Bens beruflichen Problemen kommen private
Unsicherheiten. Von seiner Frau Marina lebt Ben getrennt. Allerdings hat er regelmäßig Kontakt zu ihr und den beiden Kindern. Als der Krieg Russlands gegen die Ukraine eskaliert, will Marina sich nach Brasilien absetzen. Aus Solidarität schließt sich Ben seiner Familie an und flüchtet über Nacht in das Land, in dem auch Zweig im Exil war. Das Problem: Er kann die Flucht nicht mit seiner Freundin Julia besprechen. In Brasilien wird sich Ben bewusst, dass er in seinem Leben zu viele Entscheidungen aufgeschoben hat. – Lewinskys jüdische Hauptfigur ist ein Mann mittleren Alters, der unter Dauerstress leidet, da er mit der Urangst zu kämpfen hat, nicht zu genügen. Seinen Eltern gegenüber nicht, seiner Familie gegenüber nicht, seiner Freundin gegenüber nicht. Den Konflikt schildert Lewinsky mit viel Humor, wobei er gleichzeitig jüdische Geschichte und Kultur satirisch aufbereitet und mit Klischees spielt. Ein tiefsinniges Lesevergnügen. Fesselnd von der ersten bis zur letzten Seite.
Walter Brunhuber
rezensiert für den Borromäusverein.
Sobald wir angekommen sind
Micha Lewinsky
Diogenes (2024)
276 Seiten
fest geb.