Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse
Mordechai Wolkenbruch ist 25 Jahre alt, unverheiratet und arbeitet neben seinem Studium zeitweise in der Versicherungsagentur seines Vaters. Seine Mame hält ihren Mottele mit eisernem Griff umklammert und versucht vergeblich, ihn mit ebenfalls noch ledigen jungen jüdisch orthodoxen Frauen in Zürich und Umgebung zu verkuppeln. Auf einer Reise nach Tel Aviv, bei der ihr Mottele ein aufrechtes jüdisches Mädchen kennenlernen soll, merkt Mordechai, welch ungeheuer liberale Möglichkeiten die jungen Leute in Israel praktizieren. Zurück in der Schweiz kleidet sich der junge Mann nun ebenfalls nicht mehr orthodox, nimmt sich die Freiheit, abends unterwegs zu sein, auch ohne seine Mame zu informieren, und verliebt sich in Laura, eine Mitstudentin an der Uni. Als er den Mut aufbringt, sein Verhältnis mit dieser Schickse, einem nichtjüdischen Mädchen, der Mutter zu "beichten", möchte seine Mame nichts mehr mit ihm zu tun haben. Auch die Beziehung zu Laura ist nicht von Dauer, doch Mordechai hat endlich gelernt, auf eigenen Füßen zu stehen. - Ein tragikomischer, sehr unterhaltsamer Roman über die nicht immer geglückten Emanzipationsversuche eines jungen Mannes. Geschrieben in einer Mischung aus Jiddisch und Hochdeutsch erfordert dieses Buch etwas Anstrengung, dann aber, unterstützt durch ein umfangreiches Glossar, eröffnet sich dem Leser ein gekonnt überzeichneter und daher immer höchst amüsanter Blick hinter die Kulissen jüdisch orthodoxen Lebens in der Diaspora.
Josef Schnurrer
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse
Thomas Meyer
Diogenes (2014)
Detebe ; 24280
280 Seiten
kt.