Hana
Dass ihre Tante Hana Helerova traumatisiert ist, merkt sogar die neunjährige Mira, als sie zu ihr kommt, nachdem sie ihre Eltern und ihre Geschwister durch eine Typhusepidemie verloren hat und kurzzeitig in einer Pflegefamilie war. Hana spricht sehr wenig und hat seltsame Gewohnheiten, wie trockenes Brot in der Tasche mitzutragen oder zu verstecken. Mira kommt mit der Situation zurecht. Erst nach einer Weile wird ihr bewusst, dass ihre Familie jüdisch ist. In großen Sprüngen begleitet sie der Leser, bis sie den Jungen der Pflegefamilie wieder trifft und ihn heiratet. Der zweite Teil des Romans blendet in die 30er Jahre in dem Städtchen Valasske Meserici zurück, wo Hana und ihre jüngere Schwester, Miras Mutter, zu jungen Frauen heranwachsen. Währenddessen - insbesondere nach der deutschen Besetzung - werden die Angriffe auf jüdische Mitbürger immer heftiger. Die Familie Heler vertut ihre Chance auf Auswanderung, nicht zuletzt, weil Hana glaubt, ein junger tschechischer Offizier wolle sie heiraten. Hana wird nach Theresienstadt und dann nach Auschwitz deportiert und erleidet Schlimmstes. - Der Autorin ist eine sehr eindringliche Schilderung der Langzeitfolgen der KZ-Haft gelungen, weil sie den ganzen Roman aus der Perspektive von durchschnittlichen Menschen in einer eher abgelegenen Region in Ostmähren geschrieben hat. Umso klarer kommt die Steigerung der Angriffe und Demütigungen zum Vorschein. Das Buch berührt den Leser deswegen ganz besonders.
Pauline Lindner
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Hana
Alena Mornstajnová ; aus dem Tschechischen von Raija Hauck
Unionsverlag (2022)
342 Seiten
kt.