Die Frauen von Brewster Place
Eine heruntergekommene Sackgasse in New York, abgeriegelt durch eine Mauer von der "besseren Seite", wo die Wohlhabenden wohnen, beherbergt ungefähr Mitte des letzten Jh., kurz vor ihrem endgültigen Niedergang, eine vielfältige, inzwischen farbige Einwohnerschaft. Sieben Frauen heben sich mit ihren Lebensgeschichten aus dieser Schicksalsgemeinschaft am Rande der Gesellschaft heraus, mit ihren ganz persönlichen Geschichten als ledige Mütter, abgehalfterte Liebchen, revoltierende Jugend, lesbische Liebende, gleichzeitig aber auch stellvertretend für die soziale und politische Lage der Schwarzen Frauen in den USA (nicht nur) zu jener Zeit. Kleine Leben, hoffnungsvoll begonnen, irgendwann gebrochen durch Umstände, die schäbig, gemein, grausam, oft mitverschuldet hereinbrachen, manches Leid unsäglich, manches Erdulden ebenso. Mattie Michael und Etta Johnson, Freundinnen aus der Kindheit im mittleren Westen sind hier gestrandet; mit ihren Geschichten beginnt eine in ihrem schriftstellerischen Können faszinierende Erzählung, die Autorin vermag, wie hinskizziert, mit wenigen Worten ein lebendiges, atmosphärisch dichtes Bild zu erschaffen, das berührt und beeindruckt; tragisch und emotional fordernd, aber auch mit ausdrucksstarken, schönen Sätzen wie: Die Zeit vergeht in der Erinnerung wie geschmolzenes Glas, das, wann immer man will, entweder opak wird oder kristallisiert.
Elisabeth Bachthaler
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Die Frauen von Brewster Place
Gloria Naylor ; aus dem Englischen von Sibylle Koch-Grünberg
Unionsverlag (2022)
247 Seiten
kt.