Das Jahr der Veränderungen
Die Geschichte der Hauptprotagonistin Kate ist im Grunde schnell erzählt und eigentlich wenig spektakulär. Heute eine erfolgreiche Frau Anfang 40, ist sie einst ihrem Heimatort Cardiff in Wales entflohen, um in London zu studieren und dort ein vermeintlich
anregendes Leben zu führen. Als Kates Mutter Billie, die noch alleine in deren Elternhaus in Cardiff lebt, zunehmend dement wird und eine Betreuung benötigt, kommt Kate diese Gelegenheit gerade recht. Ihre Arbeit als Dozentin an der Uni befriedigt sie nur noch unzureichend, die letzte private Beziehung ist schon vor einiger Zeit in die Brüche gegangen. Kate kündigt Job und Wohnung in der Stadt, um ihre Mutter in der alten Heimat zu betreuen. Natürlich bleiben Begegnungen mit alten Bekannten nicht aus, die zu einigen Gefühlsverwirrungen führen. Eine Affäre zu Jamie, dem siebzehnjährigen Sohn ihres ehemaligen Jugendfreunds David, stellt schließlich alles, wofür Kate sich bisher gehalten hat, infrage. – Tessa Hadley vermittelt mit Kate das Bild einer Frau, die in jeglicher Beziehung kühl und distanziert bleibt. Die oftmals fehlende Konsequenz in ihren Handlungen und die nach außen hin wenig herzliche Art gegenüber ihren Mitmenschen schmerzt den Leser und lässt nur schwer Sympathie für diese Frau aufkommen, die zwar ein selbstbestimmtes Leben zu führen scheint, das jedoch nur aus Fragmenten besteht, die kein befriedigendes Ganzes ergeben wollen.
Elisabeth Brendel
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Das Jahr der Veränderungen
Tessa Hadley ; aus dem Englischen von Christa Schuenke
Kampa (2024)
365 Seiten
fest geb.