Kairos
Als junge Frau hatte Katharina ein Verhältnis mit dem deutlich älteren Schriftsteller Hans. Jahre später stellt ihr seine Witwe zwei Kartons vor die Tür. Zögerlich taucht sie in die Erinnerung ein und studiert alte Briefe und Tagebuchaufzeichnungen. Kairos, der Gott des glücklichen Augenblicks, hat sie damals in Ostberlin zusammengeführt. 1986 macht Katharina eine Ausbildung zur Setzerin, Hans schreibt Romane und arbeitet beim Radio. Beide verlieben sich Hals über Kopf ineinander und beginnen eine Affäre, die fortan ihr Leben bestimmen wird. Er spielt ihr Lieder von Eisler, Busch und Brecht vor, und immer wieder klassische Musik. Hans, der notorische Fremdgänger, und das unerfahrene Mädchen sind einander nun die Welt. Als sie ein Praktikum am Theater in Frankfurt an der Oder beginnt, setzt mit der räumlichen Entfernung eine erste Entfremdung ein. Hans erfährt durch Zufall von einem Seitensprung Katharinas. Spätestens jetzt rutscht ihr Verhältnis vom Privaten ins Politische, wenn Hans seine Freundin mit Stasi-Methoden kontrolliert. - Die mit zahlreichen Preisen ausgezeichnete Autorin Erpenbeck seziert das quälende Scheitern einer Beziehung parallel zum Untergang der DDR. Für geschichtlich und literarisch interessierte Leser/-innen. Ausgezeichnet mit dem Booker Prize 2024.
Susanne Emschermann
rezensiert für den Borromäusverein.
Kairos
Jenny Erpenbeck
Penguin Verlag (2021)
379 Seiten
fest geb.