Lenin auf Schalke

War ich schon mal im ehemaligen Osten? Nein. War ich schon mal in Gelsenkirchen? Nein. Mit Hilfe dieses Romans ist dies möglich, zumindest entführt er einen gedanklich dorthin. Gregor Sander reist als gebürtiger Schweriner aus einer Bierlaune heraus Lenin auf Schalke mit seinem Freund Schlüppi nach Gelsenkirchen, denn all das, was dem Osten nachgesagt wird, ist hier angeblich anzutreffen - und noch viel mehr: Arbeitslosigkeit, stillgelegte Fabriken, ärmste Stadt im Westen, wenig Glanz und Gloria ... All dies trifft Sander auch auf seinem Besuch dort an, und man fühlt sich wie auf einem Spaziergang, so bildlich werden die Zechen beschrieben, die kleinen Büdchen ... Es ist teilweise beklemmend, traurig, aber auch ehrlich, zumindest empfinde ich es so. Man bekommt ein Gefühl für die Stadt, ihre Vergangenheit, ihren Fußballklub Schalke 04, und Sander scheut keine Kontakte zu der Bevölkerung. Immer auf Augenhöhe, egal ob es der Direktor ist oder die Lokalpolitikerin. - Ein Buch, das mich wider Erwarten unterhalten hat aufgrund des teils trockenen Humors und der gelungenen Aufarbeitung von Klischees, Vorurteilen und vielleicht auch manchmal Bestätigung genau dieser. Gelsenkirchen steht für mich hier sinnbildlich für die Politik und ihre Niederlagen, zeigt auf, wo das System vielleicht nicht richtig funktioniert hat - egal wo in Deutschland. Lesenswert!

Tanja Dylla

Tanja Dylla

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Lenin auf Schalke

Lenin auf Schalke

Gregor Sander
Penguin Verlag (2022)

185 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 750232
ISBN 978-3-328-60187-6
9783328601876
ca. 20,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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