Schwarzes Schilf
Ein Mann namens Sonntag verliert plötzlich seinen Job. Einerlei, ob er selbst Fehler zu verantworten hat oder der Konzern durch die Finanzkrise in Schieflage geraten ist, Sonntag erfährt den Arbeitsverlust als ultimativen Schlag. Er flieht aus seiner Stadt, lässt Handy, Papiere, Schlüssel zurück und fährt nach Usedom, in die Heimat seiner Kindheit. Dort chartert er ein Segelboot. Sein selbstzerstörerisches Kalkül: während des einsamen Törns über Bord gehen, bei Unwetter kentern, die Existenz auf dem Meer beenden. - Der Autor und bildende Künstler Matthias Wegehaupt erzählt von einer beschwerlichen, in depressiver Stimmung begonnenen Reise, an deren Ende die Erkenntnis von der "wunderbaren Chance Leben" steht. Zuvor verbringt sein Protagonist Sonntag mehrere Tage im Schilf, erleidet eine Rippenverletzung, trägt sich mit Mordgedanken, reflektiert die polnisch-deutsche Geschichte, begegnet Menschen auf beiden Seiten der Grenze, stört eine Kunstperformance, schimpft auf das kapitalistische Wirtschaftssystem und notiert seine Träume, zunächst ohne sie zu analysieren. Im Anschluss an eine gemeinsam mit einem Künstler durchzechten Nacht gewinnt Sonntags Selbsterhaltungstrieb wieder die Oberhand. - Nachdenkliche, literarisch stimmige Sinnsuche.
Thomas Völkner
rezensiert für den Borromäusverein.
Schwarzes Schilf
Matthias Wegehaupt
Aufbau (2012)
410 S.
fest geb.