Der Sommer der Schmetterlinge
Auf einer Fazenda im Bundesstaat Rio de Janeiro leben die beiden Schwestern Maria Ines, neun Jahre, und Clarice, dreizehn Jahre, mit ihren Eltern Otacilia und Alfonso Olimpio. Für die Kinder ist das Leben geprägt von dunklen Geheimnissen und Verboten
zuhauf. Aber eine Entdeckung, die Maria eines Tages im Haus ganz unerwartet macht, verändert das Leben der Familie. Clarice wird von der Mutter nach Rio de Janeiro in ein Internat geschickt. Erst nach Jahren kommen die Schwestern als Erwachsene wieder zusammen und reden über die Vorkommnisse aus der Kinderzeit. Clarice hat sich nach Jahren der Verwahrlosung durch Drogenkonsum, Selbstmordversuchen und desaströsen Lebenswandel wieder gefangen. Maria ist verheiratet, zwar nicht glücklich, aber ihre Familie ist einigermaßen intakt. Als die Schwestern auf der Fazenda zusammenkommen, ist die Mutter längst verstorben, aber es gibt immer noch den Vater, der zum Säufer und selbstmitleidigem Wrack geworden ist. - In dieser Erzählung sind die Schmetterlinge Leitmotiv, das sich durch die ganze Geschichte zieht. Es ist die Geschichte eines Kindesmissbrauchs durch den Vater; und dieses Vergehen bleibt lange unausgesprochen, obwohl alle davon wissen. Die Autorin lässt die Leser auch lange im Ungewissen; sie umkreist das Geschehen in immer neuen Anspielungen; sie erzählt in ständigen Zeitsprüngen vor und zurück, was beim Lesen große Aufmerksamkeit erfordert. Es ist aber eine tiefgängige Geschichte, die durch sprachlichen Erfindungsreichtum besticht. Für literarisch interessierte und versierte Leser auf alle Fälle ein Gewinn. (Übers.: Enno Petermann)
Erwin Wieser
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Der Sommer der Schmetterlinge
Adriana Lisboa
Aufbau (2013)
284 S.
fest geb.