Hool

Seit Jahrzehnten kommt es im Umfeld von Fußballspielen immer wieder zu Schlägereien rivalisierender Hooligangruppen. Dieses traurige Phänomen tritt unabhängig von der Spielklasse der Mannschaften oder der Nationalität auf. Zuletzt haben die Ausschreitungen Hool im Rahmen der Europameisterschaft in Frankreich im Fokus gestanden. Doch was treibt diese jungen Männer an, sich bis aufs Blut zu bekämpfen? Philipp Winkler geht dieser Frage in seinem Debütroman Hool auf eindrucksvolle Art und Weise nach. Für den Protagonisten, den jungen Heiko Kolbe, sind die Hools von Hannover 96 eine Art Ersatzfamilie, für die er alles aufs Spiel setzt; nicht nur seine Gesundheit. Der Ich-Erzähler saugt den Leser mit einer derben Jugendsprache in den Roman hinein. In Rückblenden wird die Verwandlung vom fußballverrückten Jungen zum Hool geschildert. Dabei zeigt sich, dass die Motivation der Hools durchaus unterschiedlich ist. So stehen Neonazis, Rocker und BWL-Studenten nebeneinander, wenn es darum geht, den verfeindeten Hooligangruppen am Matchtag eine "Lektion" zu erteilen. Heiko hat bei den Hools Halt gefunden, der ihm in seiner eigenen Familie verwehrt geblieben ist und kann durch Wut, Hass und Aggression das ausdrücken, was er nicht artikulieren kann. So heißt es beispielsweise: "Meine Gefühle artikulieren, wie Manuela das formuliert. Da fällt mir gar nichts mehr ein, mein Hirn blockiert und anstatt, dass irgendwas Sinnvolles rumkommt, werde ich nur wütend." (S.72) Ein faszinierender Roman über Außenseiter, Familie und Erwachsenwerden, der nicht nur für Fußballinteressierte empfehlenswert ist.

Sebastian Heuft

Sebastian Heuft

rezensiert für den Borromäusverein.

Hool

Hool

Philipp Winkler
Aufbau-Verl. (2016)

311 S.
fest geb.

MedienNr.: 585961
ISBN 978-3-351-03645-4
9783351036454
ca. 19,95 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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