Der Albatros
Der Schriftsteller Giuseppe Tomasi di Lampedusa liegt sterbenskrank in einer Klinik in Rom. Seine Frau Licy, eine Psychoanalytikerin und Anhängerin Freuds, hat ihm zur Ablenkung ein Tagebuch geschenkt, in dem er den Klinikalltag schildert und immer häufiger in die Vergangenheit schweift. Zudem wartet er auf Antwort seines Verlegers, dem er sein bisher einziges Romanmanuskript geschickt hat. - Die italienische Staatsanwältin Lo Iacono hat eine Romanbiografie über den Autor des Klassikers "Der Leopard" verfasst. In abwechselnden Kapiteln, Tagebucheinträgen und Kindheitserinnerungen lässt sie die Welt des italienischen Adels zu Beginn des 20. Jh. wieder auferstehen. Noch sind die Speisen üppig und die Roben prachtvoll, doch die riesigen Landgüter und Familiensitze sind kaum noch zu finanzieren. Während die Erwachsenen dem Müßiggang frönen, hat sich der kleine Giuseppe einen imaginären Freund erfunden. Antonno, ein Albatros, ein Vertrauter und Spielkamerad, lehrt ihn, die Welt mit anderen Augen zu sehen. Während einer Theateraufführung bekommt der Junge eine Ahnung davon, dass Literatur das Leben abbilden kann. In seinem Roman "Der Leopard" wird er später versuchen, seine Welt und den Untergang einer Epoche festzuhalten. Poetisch und atmosphärisch dicht schildert Lo Iacono die Kindheit des berühmten italienischen Schriftstellers und weckt großes Interesse, den Klassiker zu lesen. Der kanadische Autor Steven Price hat das Thema in "Der letzte Prinz" ebenfalls behandelt (BP/mp 21/131).
Susanne Emschermann
rezensiert für den Borromäusverein.
Der Albatros
Simona Lo Iacono ; aus dem Italienischen von Verena von Koskull
aufbau (2021)
237 Seiten
fest geb.