Zeremonie des Lebens
Wenn menschliche Knochen als Rohstoff für Möbel und Schmuck verwendet werden, so ist das nicht jedermanns Sache und Verlobte können darüber in Streit geraten. In einer anderen Geschichte fragt sich eine junge Frau, wann man eigentlich angefangen hat, seine geliebten Verstorbenen in einer "Lebenszeremonie" zu essen und ob es im Anschluss wirklich nötig ist, mit wildfremden Menschen Kinder zu zeugen. Eine weitere Protagonistin erfährt die erste Liebe zu einem Mitschüler, hegt aber insgeheim zärtliche Gefühle für ihren Kinderzimmervorhang. Und dann sind da auch noch die zwei Schulmädchen, die sich einen alten Mann als Haustier halten. Diese und noch weitere Szenarien werden von der japanischen Autorin in zwölf Kurzgeschichten erzählt. In feinsinniger, poetischer Sprache zieht sie die Lesenden in ihren Bann und führt die Abgründe der menschlichen Natur vor Augen. Dabei nähert sie sich oder überschreitet dabei zuweilen die Grenzen des guten Geschmacks. Für Leser/-innen, die bereit für ein ungewöhnliches Leseerlebnis sind, aber nicht für jeden Bestand geeignet.
Barbara Dorn
rezensiert für den Borromäusverein.
Zeremonie des Lebens
Sayaka Murata ; aus dem Japanischen von Ursula Gräfe
aufbau (2022)
285 Seiten
fest geb.