Die soziale Eroberung der Erde
Woher kommen wir? Was sind wir? Wohin gehen wir? Der als Ameisenforscher und Vater der Soziobiologie berühmt gewordene amerikanische Wissenschaftler E. O. Wilson glaubt, dass nur die Biologie die richtigen Antworten auf diese existentiellen Fragen geben kann. Aus der Gegenüberstellung der beiden "Eroberer der Erde", dem Menschen und den eusozialen Insekten, entwickelt er eine Theorie von der sozialen Evolution, in deren Zentrum die sog. Multilevel-Selektion steht. Darunter versteht er die Wechselwirkung zwischen Individual- und Gruppenselektion. Damit rückt er auch vom Konzept der Verwandtenselektion (Altruismus) ab, das von ihm maßgeblich mitentwickelt wurde. Als das grundlegende menschliche Merkmal betrachtet Wilson Stammessysteme, in deren Funktion der Gruppenidentifikation er auch den Ursprung von Kriegen, Religionen und Kultur vermutet. - Dieses Alterswerk einer verdienten Forscherpersönlichkeit bietet zahlreiche Ansatzpunkte für Kritik. Das gilt für seine Evolutionstheorie ebenso wie für die rein biologistische Betrachtung der Menschwerdung mit einem ausgesprochen antireligiösen Impetus. Nach Meinung des Autors stehen organisierte Religionen als Ausdruck "oppressiver Formen des Tribalismus" (S. 351) einer Befreiung des Menschen im Sinne einer neuen Aufklärung und kosmopolitischen Einstellung entgegen. Die Lektüre dieses Buches setzt wenigstens grundlegende fachliche Vorkenntnisse voraus, eine Anschaffung kann nur für Büchereien mit einem ausgedehnten Sachbuchbestand in Frage kommen.
Johann Book
rezensiert für den Borromäusverein.
Die soziale Eroberung der Erde
E. O. Wilson
C. H. Beck (2013)
383 S. : Ill., graph. Darst.
fest geb.