Die Macht der Seuche

Der Titel der Einleitung der wissenschaftlichen Untersuchung des Historikers Volker Reinhardt lautet: „Zeiten der Verunsicherung, einst und heute“, die Betrachtung der Pest im 14. Jh. ist hier verbunden mit einem Vergleich der Übereinstimmungen Die Macht der Seuche und Unterschiede mit der Corona-Pandemie im 21. Jh. Nachdem die Pest, ihre Ursachen und ihre Verbreitung vorgestellt worden sind, zieht Reinhardt Quellen aus dem 14. Jh. heran, um sehr genau Ausbruch und Umgang mit der Krankheit und die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Reaktionen in den wichtigen Städten Europas zu betrachten. Durch einen kritischen Blick auf die Biografie der Verfasser der vorliegenden Quellen verfolgt er einen neuen Ansatz bei der Beurteilung ihrer Aussagen zu z.B. Ursachen, Anzahl der Toten, Verhalten der Menschen. Den dritten Teil widmet er den „Menschen nach der Pest“. Er untersucht Langzeitfolgen für Wirtschaft, Gesellschaft, Herrschaft sowie Papsttum und Kirche unter den Bedingungen der alle 10 bis 15 Jahre wiederkehrenden Krankheit. In der Einleitung und im Epilog geht er auf die Erwartungshaltung vieler im 14. wie im 21.J h. ein: „dass nach dem Ende der Pandemie vieles besser werden würde; besonders kühne Optimisten hofften sogar auf einen geläuterten, hilfreicheren und edleren Menschen an und für sich.“ (S. 11). Doch die Zeit nach der Pest hat solche Erwartungen enttäuscht. „Damit ist aller Erfahrung nach auch 2021 und später zu rechnen.“ (S. 11). Lernen aber können die heutigen Menschen aus der Betrachtung der Pest dennoch, er spricht Gelassenheit im Umgang an. Obwohl es eine wissenschaftliche Untersuchung mit Rückgriff auf viele zeitgenössische Quellen ist, handelt es sich um ein flüssig geschriebenes Buch mit interessanten Schlussfolgerungen, durchaus für historisch interessierte Laien geeignet. Der Blick auf die heutige Pandemie ist sehr interessant, ja verblüffend, da er aber bis auf ganz wenige Einschübe Text nur in der Einleitung und im Epilog auftaucht, ergibt sich der Eindruck, dass ein schon geplantes Forschungsvorhaben im Jahr 2020 durch die Pandemie einen Aktualitätsbezug erhalten hat, den Reinhardt dankbar und durchaus schlüssig aufgegriffen hat. Nur für eine KÖB, die ein Lesepublikum für wissenschaftliche Bücher hat, hier für eine weit zurückliegende Zeit – denn das Hauptthema ist nicht die aktuelle Pandemie.

Barbara Schürmann-Preußler

Barbara Schürmann-Preußler

rezensiert für den Borromäusverein.

Die Macht der Seuche

Die Macht der Seuche

Volker Reinhardt
C.H.Beck (2021)

256 Seiten : Illustrationen, Karte
fest geb.

MedienNr.: 606664
ISBN 978-3-406-76729-6
9783406767296
ca. 24,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Ge
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