Das Leben vor uns

Dieses Buch erlaubt einen tiefen Blick in die "russische Seele", wenn es sie denn gibt, und auf den verzerrten, weil verwehrten Blick auf den Westen. Es ist die Zeit unmittelbar vor dem großen Umbruch durch Gorbatschow, mit dem die junge Generation Das Leben vor uns ganz andere Hoffnungen verbindet als die Älteren. "Das Leben vor uns" hat Kristina Gorcheva-Newberry ihren Debüt-Roman genannt. Für die Autorin ist es eher eine Rückschau auf ihre russische Kindheit und Jugend - sie lebt seit über 20 Jahren in den USA. Dabei bewegt sie auch die Frage, warum und um welchen Preis sich die Generationen ihrer Eltern und Großeltern mit den drückenden Umständen des sowjetischen Lebens arrangieren konnten. Die Protagonistin Anja schildert in der Rückschau ihre Jugendjahre von ihrem 14. Geburtstag bis zum Schulabschluss und im zweiten Teil ihren ersten Besuch in der Sowjetunion nach Jahren in den USA. Der letzte Akt der alten Sowjetunion beginnt für sie, ihre Busenfreundin Milka und ihre beiden männlichen Freunde mit einer Klassenreise auf die Krim. Sehnsüchtig blicken sie auf die Weite des Meereshorizonts, hinter sich das Land, das sie niemals würden verlassen können, so denken sie. Im Original heißt der Roman "Obstgarten", eine Anspielung auf Tschechows Komödie "Der Kirschgarten" zu der es viele, geschickt gebaute Parallelen gibt. Auch wenn der Roman nicht auf die heute junge Generation in Russland schaut, sondern weiter zurückgeht, erlaubt er differenzierte Einsichten, die auch heute relevant sind, und ist daher sehr zu empfehlen.

Angelika Rockenbach

Angelika Rockenbach

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Das Leben vor uns

Das Leben vor uns

Kristina Gorcheva-Newberry ; aus dem Englischen von Claudia Wenner
C.H.Beck (2022)

358 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 612091
ISBN 978-3-406-79131-4
9783406791314
ca. 25,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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