In die andere Richtung jetzt
Der Autor, dessen Familie vor Jahren aus dem Iran nach Deutschland übergesiedelt ist, berichtet in diesem Buch von seinen neueren Reisen durch den östlichen Teil Afrikas. Dass der Autor kein Afrika-Experte ist und auch nicht vorgibt, einer zu sein, empfindet man bei der Lektüre als vorteilhaft. Man fühlt sich so an der Seite des neugierig Reisenden, der am Beispiel von relativ wenigen Begegnungen mit Menschen in Madagaskar, Mosambik, Tansania, Kenia, Äthiopien und dem Sudan Schlaglichter auf die Probleme, aber auch die großen Möglichkeiten eines ganzen Kontinents wirft. Und man wird hier mit Tatsachen konfrontiert, die zum Beispiel in der medialen Begleitung des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine selten thematisiert werden. "Weshalb sollen ausgerechnet die Ärmsten der Welt für die Freiheit der Ukraine mit teurem Brot zahlen?" Oder wenn der Autor am Beispiel von Madagaskar schildert, wie einseitig westliche Entwicklungshilfe nur der Infrastruktur der Hauptstadt zugutekommt. "Der Staat hat von den Kolonialherren den Zentralismus übernommen und die korrupte Elite hat von der Kolonialherrschaft scheinbar nur das Plündern übernommen." Die neuen Kolonialherren aus China treten vielleicht weniger gewalttätig auf, aber werden oft nur als Handlanger chinesischer Außenpolitik angesehen. Dass sich der Autor aber ohne jeden belehrenden Ton seinen afrikanischen Gesprächspartnern nähert, empfindet man als Leser als sehr wohltuend und auch lehrreich. Vieles an dem afrikanischen Alltag bleibt einem auch nach der Lektüre fremd. Aber die Neugierde auf diesen Kontinent und auch der Respekt vor dem großen Zukunftswillen der Menschen gerade in den ärmlichsten Regionen werden durch dieses kluge Reisebuch sehr ermutigt.
Carl Wilhelm Macke
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
In die andere Richtung jetzt
Navid Kermani
C.H.Beck (2024)
271 Seiten : Karten
fest geb.