Seinetwegen
Schon wieder ein Buch, mit dessen Verfassen der Autor versucht, seine Lebensprobleme aufzuarbeiten! So dachte ich beim Lesen des Klappentextes: „Der tote Vater war die große Leerstelle der Familie“ „Wie kann man heil werden, wenn eine Leerstelle
doch immer bleiben wird?“ – Doch das Buch entpuppte sich als interessante Lektüre, der Klappentext war in Teilen schlicht falsch. Die Schweizer Autorin Zora del Buono will mit 60 Jahren wissen, was aus dem Mann geworden ist, der den Unfall verursacht hat, bei dem ihr italienischer Vater starb, als sie gerade acht Monate alt war. Sie fragt sich, warum sie mit 60 Jahren anfängt, nach dem Unfallfahrer zu forschen und sich dabei natürlich intensiv mit dem unbekannten Vater zu beschäftigen. Denn der Vater hat ihr nicht gefehlt: „Vaterlos zu sein war für mich, wie gesagt, kein Manko“ (S. 39). Vielleicht ist es der Verlust der Mutter, die wegen ihrer Demenz ihre Tochter nicht mehr erkennt. Doch sie stellt fest, dass sie einzig dem Unfallfahrer näherkommt, nicht dem Vater. Die Darstellung ihrer Suche ergibt keinen stringenten Handlungsablauf, sondern eher kurze Essays zu unterschiedlichen Themen oder nur Gedankensplitter, denn ihre Gedanken springen, Beobachtungen, neue Informationen regen zu Abschweifungen an. Regelmäßig erfolgt ein Zusammentreffen mit 2-3 Freunden im Kaffeehaus, wo Fragen des Lebens lebhaft und z.T. lebensklug diskutiert werden. Diese Art des Schreibens macht das Buch interessant. Zora del Buono findet bei ihrer Suche nach dem Unfallfahrer E.T. – Ernst Traxler – nicht den verantwortungslosen Autorowdy, sondern einen Mann, der seine Schuld am Tod eines Menschen nicht vergessen hat.
Barbara Schürmann-Preußler
rezensiert für den Borromäusverein.

Seinetwegen
Zora del Buono
C.H. Beck (2024)
200 Seiten : Illustrationen
fest geb.