Geht's hier zum Nordpol?
Ein Eisbär ist – warum auch immer – mitten in einer Stadt und sucht den Weg zurück zum Nordpol. Die Menschen aber nehmen ihn, obwohl als Bär viel größer als sie und sehr auffällig, nicht wahr, denn sie tragen Kopfhörer, lesen Zeitung oder
starren vor allem in ihr Handy. Dort, wo er fragt, hört in der Hektik der Arbeit niemand zu. Ein kleines rothaariges Mädchen sieht ihn wirklich und nimmt ihn mit nach Hause. Es hat nun einen Spielkameraden, denn auch die eigene Mutter ist vom Handy gefesselt. Der Bär aber versteht diese Welt nicht: Badewanne statt Meer, warmes Essen statt kalter Fisch … Erst als er ein Buch über den Nordpol findet, versteht das Kind seinen Wunsch, in seine Heimat zu kommen, und organisiert alles, damit er mit einem Hubschrauber nach Hause gebracht wird, wo er freudig aufgenommen wird. Die Zeichnungen sind in Form und Farbe ansprechend, ganzseitig eine Szene oder 3 doppelseitige Panels oder auch bis zu 6 Bilder auf einer Seite. Der Text in Großbuchstaben ist sehr reduziert gesetzt – es sind fast nur die Gedanken des Bären –, denn die Bilder erzählen die Geschichte. – „Eine herzerwärmende Geschichte über das „Alleinsein“ in der Fremde und die Stärke der Freundschaft“ – dieses Urteil auf dem rückwärtigen Cover trifft nicht zu, das Alleinsein steht nicht im Fokus, sondern die Suche des Bären nach dem Nachhauseweg. Eisbär und Kind bleiben ohne Namen völlig anonym. Eine Kommunikation zwischen Mensch und Tier findet nicht statt. Deutlich dagegen ist die Kritik an der selbstgewählten Isolation der Menschen in der Masse, doch das ist kein Thema, das Kinder verstehen.
Barbara Schürmann-Preußler
rezensiert für den Borromäusverein.

Geht's hier zum Nordpol?
Mariajo Ilustrajo ; aus dem Englischen von Anu Stohner
Beltz & Gelberg (2024)
[48] Seiten : farbig
fest geb.
Borromäus-Altersempfehlung: ab 4