Das Gold des Hasen
Als der Hase, der sich ein Leben lang vor allem gefürchtet hat, einsam und alleine stirbt, hinterlässt er dem größten Angsthasen im Wald eine Kiste voller Gold. Natürlich entbrennt sofort ein sehr ungewöhnlicher Wettstreit. Die Tiere prahlen nun nicht mehr wie gewohnt mit ihren größten Heldentaten. Jeder will die anderen mit mehr oder weniger beeindruckenden Geschichten über angstbesetzte Erlebnisse übertrumpfen. Die absurdeste Geschichte erzählt der böse Wolf, der ein bemitleidenswertes Schauspiel aufführt und damit den Wettstreit der Ängste tatsächlich gewinnt. Triumphierend nimmt der hinterlistige Kerl den Schatz in Besitz. Der unverhoffte Reichtum hat allerdings Folgen: schon bald traut sich der Wolf nicht mehr aus dem Haus, sondern hockt tagein tagaus verbissen auf seiner Goldkiste, um seinen Schatz nicht zu verlieren. Und immer stärker lähmt ihn ein bisher unbekanntes Gefühl. - Eindringlich und mit mehr als einem doppelten Boden erzählt Martin Baltscheit seine hintergründige Geschichte über Hinterlist und Gier, die schließlich in Einsamkeit und Angst endet. Dem Leser der vor allem im Mittelteil sehr humorvoll als Märchenparodie gestalteten Fabel bleibt das Lachen über den skurrilen Wettstreit der Tiere am Schluss buchstäblich im Halse stecken, auch wenn das selbstverschuldete Ende des Wolfs nur angedeutet wird. Die pointierten, eindrucksvoll plastisch wirkenden und bewusst stark überzeichneten Bilder von Christine Schwarz illustrieren perfekt diese nachhaltig wirkungsvolle Geschichte, die Vorleser und Zuhörer zu vielen Gesprächen anregen wird.
Angelika Rockenbach
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Das Gold des Hasen
Baltscheit & Schwarz
Beltz & Gelberg (2013)
42 S. : überw. Ill. (farb.)
fest geb.
Borromäus-Altersempfehlung: ab 4