Die Nacht der Erinnerungen
Der 48-jährige Ignacio Abel ist Bauleiter auf dem Campus der Madrider Complutense-Universität. Er hat sich aus einfachsten Verhältnissen hochgearbeitet und genießt die Wertschätzung der republikanischen Regierung in Spanien. Studienaufenthalte im Ausland, wie zum Beispiel in Weimar und Berlin, haben ihn als Architekt entscheidend geprägt. Er hat in die Familie einer spanischen Hochbourgeoisie eingeheiratet, was seiner beruflichen Entwicklung in den Anfängen durchaus förderlich war. Sein Eheleben ist langweilig und leidenschaftslos. Dann lernt er die junge, attraktive Amerikanerin Judith Biely kennen, die sich im Rahmen einer Bildungsreise in Madrid aufhält. Sie beginnen eine Liebesbeziehung, die schnell in eine zerstörerische Obsession ausartet. Abels gutbürgerliche Fassade als souveräner, disziplinierter Familienvater bricht zusammen. Die ständigen Heimlichkeiten und Lügen belasten ihn mehr und mehr, und als seine Frau von der Untreue ihres Mannes erfährt, unternimmt sie einen ernsthaften Selbstmordversuch. Daraufhin beendet Judith die Beziehung abrupt und verschwindet. Abel will das nicht wahrhaben und sucht sie verzweifelt in der zunehmend chaotischen Stadt, in der sich die politische Lage gefährlich zuspitzt. - Einfühlsam schildert der bekannte spanische Autor die Liebesbeziehung des ungleichen Paares genauso wie die politischen Auswüchse und Verwerfungen in Spanien vor und zu Beginn des spanischen Bürgerkrieges. Es ist ein Beziehungsroman und ein politischer Roman. Die minutiösen, eindringlichen und opulenten Schilderungen der zahlreichen Protagonisten und der Geschehnisse sind beeindruckend und bewegend. Ein ausführliches Glossar informiert über alle im Roman vorkommenden Persönlichkeiten der Zeitgeschichte. Es ist zu hoffen, dass sich viele Leser auf die großartige Geschichte einlassen. Für die Freunde des Autors ist das sicher keine Frage. (Übers.: Willi Zurbrüggen)
Die Nacht der Erinnerungen
Antonio Muñoz Molina
Dt. Verl.-Anst. (2011)
1002 S.
fest geb.