Engel sprechen Russisch
Mitjas Leben ist wie eine Zahnpasta, die aus einer roten, einer blauen und einer weißen Schicht besteht. Dabei steht jede Schicht für 10 Jahre. Angefangen bei der roten Schicht, erzählt der Protagonist von seiner sowjetischen Kindheit, vom Großvater, der als Seemann um die Welt reiste und ihn mit den abenteuerlichsten Geschichten unterhielt, von der Großmutter, die in ihrer alten Datscha Kartoffeln anbaute, bis zu ihrem Lebensende kaum über die Runden kam, aber trotzdem nie ihre gute Laune verlor. Mit zehn Jahren beginnt die blaue Schicht: Die Sowjetunion ist zerfallen und es beginnt der wilde Kapitalismus in Russland. Mitjas Familie zieht von Leningrad nach Sankt Petersburg, wo er eine Ausbildung zum Bierbrauer beginnt und sich zum ersten Mal verliebt. Importgüter landen nun in den russischen Supermarktregalen, aber Wohlstand gibt es trotzdem kaum und viele verlieren ihre Arbeitsplätze. Schließlich beschließen Mitja und seine Mutter, nach Deutschland auszuwandern. Aber auch hier dauert es, bis sie sich ganz zu Hause fühlen. Das Ende der weißen Schicht, die das Leben in Deutschland symbolisiert, lässt der Erzähler offen. - Ein einfühlsamer Roman, der durch seine realitätsnahe Erzählweise universell wird und dem Leser das Gefühl gibt, alles hautnah mitzuerleben. Geschichtliche Fakten werden dadurch aufgelockert, dass auch der jüngere Mitja zu Wort kommt und seine ganz eigene Sicht auf die Umstände schildert. Zu empfehlen.
Clara Braun
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Engel sprechen Russisch
Mitja Vachedin
Dt. Verl.-Anst. (2017)
221 S.
fest geb.